zahl der woche: Luftschadstoffe sind bares Geld wert
Wie viel bezahlt denn nun die Umwelt für die Vielfliegerei?
Jeder, der in ein Flugzeug steigt, weiß, dass er damit das für die Umwelt schädlichste Verkehrsmittel nutzt. Der eine hat ein schlechtes Gewissen, der andere nicht. Immerhin konnte ihm bisher niemand vorwerfen, welchen Schaden genau er damit der Natur zufügt. Eine vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegebene Studie hat das jetzt geändert und liefert eine konkrete Zahl: 43 Euro.
43 Euro teure Umweltschäden verursacht jeder Einzelne in einem mit 400 Passagieren voll besetzten Flugzeug, das 6.000 Kilometer von Frankfurt am Main nach Chicago fliegt – so die Wissenschaftler des niederländischen Centre for Energy Conservation and Environmental Technology. 10 Euro pro Passagier betragen die Umweltkosten für einen 500-Kilometer-Flug etwa von München nach Berlin mit einem voll ausgelasteten 100-sitzigen Flugzeug.
Je nach Länge der Strecke fallen zwei Faktoren unterschiedlich stark ins Gewicht: Für einen 200-Kilometer-Flug machen Lärm und Abgase 80 Prozent der externen Kosten aus. Auf einer 6.000-Kilometer-Strecke hingegen gehen 90 Prozent der Kosten an den Treibhauseffekt. Für eine Tonne CO2 veranschlagten die Wissenschaftler 30 Euro. Stickstoffoxide (NOx) berechneten sie mit 1,20 bis 6 Euro pro Kilogramm. Grundlage der Wissenschaflter: Wie teuer sind verschiedene Strategien, um den Schadstoffausstoß zu vermeiden oder auszugleichen: Jeder, der über den Atlantik fliegt, könnte theoretisch einen Baum pflanzen. Oder aber die Luftfahrtindustrie entwickelt kerosinärmere Flugzeuge. Die Experten mittelten diese und andere preiswerte und teure Varianten. Schließlich kamen sie auf die Zahl 43 Euro.
Sie findet lange nicht überall Anklang: „Erfassung, Abgrenzung und Bewertung der so genannten externen Kosten sind wissenschaftlich unklar und stark umstritten“, sagt beispielsweise Lufthansa-Sprecher Stefan Schaffrath. Davon unbeirrt appelliert UBA-Chef Andreas Troge an die Fluggesellschaften, sie sollten die errechneten externen Kosten endlich berücksichtigen. Bisher seien Ticketpreise ausschließlich nach der Wirtschaftlichkeit für das Unternehmen berechnet worden. Die Kosten durch Lärmbelästigungen, Luftverschmutzung und Auswirkungen auf das Klima trage immer noch die Allgemeinheit. Das UBA fordert nun Abgaben auf die ausgestoßenen Schadstoffe und Landegebühren nach Lautstärke und Abgasen.
SUSANNE KLINGNER
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