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Wirtschaft soll „brummen“

Flucht vor LKW-Verkehr ins Umland. Und: Flughafenkapazitäten sollen nur bis 2010 reichen. Rot-grüne Kritik an 113 Seiten starkem Verkehrsprogramm aus der Wirtschaftsbehörde. Sprecher Jacobsen: „Innenstadt besser anbinden“

Heftigen Gegenwind von Grünen und der SPD-Fraktion bekam gestern ein Papier aus der Wirtschaftsbehörde, das laut Sprecher des verantwortlichen Senators Josef Hattig, Andreas Jacobsen, „noch gar nicht abgestimmt“ sei. Hauptstreitpunkt: Das LKW-Führungsnetz durch die Bremer Innenstadt. Laut Jacobsen sei es entscheidend für die hiesigeWirtschaft, innerstädtische Gewerbestandorte für den LKW-Verkehr besser anzubinden. Deshalb zieht das „Wirtschaftsverkehrskonzept für das Land Bremen“ eine Verdichtung des LKW-Führungsnetzes in Erwägung.

Die rot-grüne Kritik daran reicht von „Wie vergraule ich Einwohner aus Bremen?“ – so die grüne Fraktionspressesprecherin Dagmar Bleicker – bis zum Kommentar des SPD-Bauexperten Carsten Sieling: Der Entwurf sei „verkehrspolitsch daneben“.

Ein zweiter Punkt des Entwurfs sorgte bei der wirtschaftspolitischen Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Eva-Maria Lemke-Schulte für „äußerstes Erstaunen“: In dem 113 Seiten starken Papier heißt es, bis 2010 müssten die vorhandenen Flughafenterminals und airportnahen Parkmöglichkeiten ausgebaut werden. Lediglich die Start- und Landebahnen würden bis auf weiteres den wachsenden Anforderungen gerecht werden können. Lemke-Schulte dazu: Der millionenteure Umbau des Flughafens sei gerade erst „erfolgreich abgeschlossen“.

Das Hattig-Papier kommt zu einem Zeitpunkt, da in Bremen die Debatte um sinkende EinwohnerInnenzahlen durch das GEWOS-Gutachten erneut entbrannt ist. Entsprechend sorgen sich die Grünen um die Verschlechterung der Lebensqualität, die zunehmender Schwerlastverkehr bedeuten würde: „Viele Einwohner fliehen vor Lärm und Gestank ins ruhigere Umland.“ Deshalb sei das Programm ein „kontraproduktiver Beitrag zur Werbung von Neubürgern“, so Sprecherin Bleicker. Sie erinnerte daran, dass eine ressortübergreifenede Arbeitsgruppe zu den Fragen „Arbeitsplätze und Einwohner“ existieren würde. Das Wirtschaftsressort müsse bedenken, dass die abwandernden ArbeitnehmerInnen „ihre Steuern dann ja auch woanders zahlen“.

Karin Krusche, baupolitische Sprecherin der Grünen, verlangte, dass die heftig umstrittenen Straßenzüge Kurfürstenallee / Schwachhauser Heerstraße aus dem LKW-Führungsnetz herausgenommen werden müssten, statt es auszubauen.

„Es ist sicherlich eine gemeinsame Position im Senat, dass Wirtschaftsstandorte in Bremen besser angebunden werden müssen“, kommentierte Holger Bruns, Sprecher der Bau- und Umweltsenatorin Christine Wischer, in deren Verantwortungsbereich eigentlich das LKW-Führungsnetz liegt. Mit der Autobahn 281 seien das Güterverkehrszentrum und die Airportcity sehr gut angebunden, sagte Bruns. „Es ist nicht die Politik des Senators für Bau und Umwelt, mehr LKW-Verkehr in die Stadt zu holen“, fügte er hinzu.

Die Vekehrspolitik ist im Bremer Senat nicht einem Ressort zugeordnet: Der überregionale Verkehr ist dem Wirtschaftssenator zugeschlagen, die Verantwortung für den innerstädtischen Verkehr liegt im Hause Wischer.

Ulrike Bendrat

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