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berliner szenen Sprachwitz gesucht

Daily Gunga

In der U-Bahn muss man ja niemandem mehr ins Gesicht kucken, nur noch auf die Doppelmonitore starren. Musiktipps ohne Musik, Boulevardzeitung mit Überschriften, aber ohne Text, so will das Berliner Fenster infotainen. Der Höhepunkt der Reizüberflutung ist die wahr gemachte Drohung, die mir seit Wochen den Verstand raubt: Daily Gunga. Jeden Tag ein neuer Cartoon, angekündigt vom Logo mit dem Raben auf einem Karton.

Die Cartoons zeigen meist Tiere und Sprechblasen und suchen den Sprachwitz. So zeigt ein Dreiteiler einen Kuhfladen, der direkt vor dem Maulwurf auf die Wiese platscht. Darauf sagt der Maulwurf: „Du blinde Kuh, das ist auch meine Wiese!“ Ist das witzig? Neeein!, es ist nicht witzig. Es ist schlimmer als Mordillo und „Liebe ist …“ zusammen. Egal, ob ich gerade vom Geldautomaten komme mit neuem persönlichem Disporekord im Kopf oder mal wieder von meinem freundlichen Supervisor im Callcenter wegen Ungenauigkeit verwarnt wurde, Daily Gunga erwartet mich. So kanalisiere ich wochenlang meinen Alltagszorn auf die Zeichungen von Gernot Gunga.

Inzwischen warte ich bei jeder U-Bahn-Fahrt nur noch auf Gunga. Allerdings braucht es schon eine volle Fahrt über 15 Stationen, um einmal „Huhn bei der Loveparade“ zu erhaschen. Das Huhn steht auf einer Laterne, rundum liest man „Bumm“, das Huhn hüpft ein bisschen und pfeift auf seiner Trillerpfeife. Empört rufe ich beim Vertrieb vom Berliner Fenster an. Auf meine Frage, ob Gunga wegen Zuschauerprotesten nun zwischen den Preisausschreiben versteckt wird, erhalte ich ein Nein von der Dame im Berliner Fenster. Gunga kommt zur Förderung des Künstlers Gernot genauso oft wie früher, alle 20 Minuten. DANIEL BOESE

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