: Drohnen gegen al-Qaida
aus Kairo KARIM EL-GAWHARY
Staatliche Killeraktionen aus der Luft scheinen in Mode zu kommen. Die israelische Armee jagt per Hubschrauber und Raketen immer wieder hochrangige Mitglieder der militanten Hamas oder des Dschihad Islami. Die US-Armee hat dieses Verfahren bereits in Afghanistan gegen angebliche Al-Qaida-Mitglieder angewendet. Nun kam diese Methode wohl erstmals im Jemen zum Einsatz. Nach nicht näher bezeichneten US-Regierungsquellen war die Ermordung eines hochrangigen Al-Qaida-Mitgliedes das Werk des Geheimdienstes CIA.
Kryptisch und kurios waren am Montag die ersten Berichte mit Bezug auf „jemenitische Sicherheitskreise“. Danach ereignete sich am Morgen eine Autoexplosion in der Provinz Maarib 160 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Sanaa. Über die genauen Umstände und die Identität der Insassen des Wagens schwiegen sich die jemenitischen Behörden allerdings aus. Von sechs Toten war inoffiziell die Rede. Augenzeugen erzählten später, dass es sich bei einem der umgekommenen Mitfahrer um Kaid Sinian al-Harithi handelt.
Al-Harithi gilt bei den US-Behörden als höchstrangiger Al-Qaida-Mann im Jemen. Er wird im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das US-Kriegsschiff Cole im Oktober 2000 im südjemenitischen Hafen Aden gesucht, bei dem 17 amerikanische Seeleute ums Leben gekommen sind. Angeblich soll von einer unbemannten amerikanischen Drohne, im Besitz der CIA, eine Hellfire-Rakete auf al-Harithis Auto abgeschossen worden sein, nachdem das Fahrzeug schon eine Weile beobachtet worden war. Augenzeugen berichteten auch davon, dass kurz vor der Explosion ein jemenitischer Militärhubschrauber gesichtet worden war.
Bisher wollen allerdings weder die CIA noch das Weiße Haus die Verwicklung des US-Geheimdienstes bestätigen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte lediglich: „Es wäre sehr gut wenn al-Harithi nicht mehr im Geschäft wäre.“ Ansonsten lobte Rumsfeld die gute Zusammenarbeit zwischen jemenitischen und amerikanischen Behörden im Kampf gegen al-Qaida, die man fortsetzen wolle.
Die Regierung im Jemen versucht verzweifelt, das Al-Qaida-Image des Landes abzustreifen. Ussama Bin Laden ist im Jemen geboren und hat bis heute viele Sympathisanten im Land. Außerdem soll das jemenitische Hinterland Al-Qaida-Mitgliedern nach ihrer Flucht aus Afghanistan als Rückzugsgebiet dienen. Unzugängliche Berge sowie Stämme, die besser bewaffnet sind als die reguläre Armee und die weit entfernt von der Hauptstadt mit ihrer Zentralregierung ein Eigenleben führen, bilden eine ideale Voraussetzung zum Untertauchen.
Mindestens 80 angebliche Al-Qaida-Mitglieder oder Sympathisanten sollen sich derzeit dennoch in jemenitischen Gefängnissen befinden. Eine jemenitische Menschenrechtsgruppe sprach letzten Sommer gar von 127 ohne jegliche Anklagen und Prozesse festgehaltenen Jemeniten, die auch physischer und psychischer Folter ausgeliefert seien.
Zu Beginn des Jahre schickten die USA zunächst 100 Militärberater in das südarabische Land. Die gegenwärtige Zahl des US-Militärpersonals im Jemen ist unbekannt. „Wir haben da einige unserer Jungs vor Ort, die mit der jemenitischen Regierung zusammenarbeiten, um die Dinge richtig zu planen“, erklärt Rumsfeld dazu lässig. Die „Jungs“ bilden vor allem Militärs und Polizei aus, um effektiver gegen al-Qaida vorgehen zu können. Auf dem Programm stehen Terrorbekämpfung und die Anwendung von Nachtsichtgeräten.
Ein besonderes Augenmerk der US-Militärs gilt der Überwachung der 2.300 Kilometer langen Küste des Roten Meers. Die jemenitische Küstenwache durchlief ein besonderes amerikanisches Ausbildungsprogramm. Ihre Schiffe und die Radarüberwachung der Küste wurden mit US-Geldern technologisch aufgerüstet.
Die bisherigen Aktionen des jemenitischen Militärs gegen al-Qaida waren allerdings von wenig Erfolg gekrönt. Al-Harithi beispielsweise hatte sich bisher immer im Schutz einiger schwer bewaffneter jemenitischer Stämme bewegt. Im Dezember, beim letzten Versuch des Militärs, des obersten Al-Qaida-Mannes im Jemen in einem kleinen Dorf habhaft zu werden, wurden bei einer Schießerei 3 Dorfbewohner und 18 jemenitische Soldaten getötet. Möglicherweise hat Washington deswegen beschlossen, die Angelegenheit al-Harithi selbst in die Hand zu nehmen.
Für alle Fälle steht auch eine 800 Mann starke Truppe der US Special Forces im benachbarten Dschibuti zum Einsatz bereit. Der kleine ostafrikanische Küstenstaat ist nur durch eine Meerenge vom Jemen getrennt. Die seit zwei Monaten in Dschibuti stationierten Truppen sollen nach neusten Berichten um weitere 400 Soldaten verstärkt werden. Aus der US-Botschaft in Addis Abeba verlautet, die USA wollten am Horn von Afrika ein neues Antiterror-Hauptquartier aufschlagen. Zunächst solle diese neue Institution vor der Küste auf Schiffen stationiert sein. Geplant sei aber, das Hauptquartier später direkt an Land nach Dschibuti zu verlegen. Übrigens sind unbemannte Drohnen, wie sie jetzt möglicherweise im Jemen zum Einsatz kamen, in den letzten Wochen bereits öfter am Himmel von Dschibuti gesichtet worden.
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