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Governikus am Gängelband?

E-Government in Bremen: Macht sich der Stadtstaat zusehends von Microsoft abhängig? Jetzt soll auch ein Teil der Verwaltungs-Dienstleistungsplattform Governikus mit der teuren Software des Monopolisten versehen werden

„Wir haben uns keineswegs nur auf Microsoft eingeschworen“

Bremen und die Firma Microsoft schmusen schon länger. Bereits im Februar 2001 vereinbarten beide Partner einen Deal, der mit den schönen Worten „strategische Partnerschaft“ umschrieben wurde. Gemeinsam will man – mindestens bis zum Jahr 2005 – neue Anwendungsfelder für multimediale Informations- und Kommunikationstechnologien erschließen. Und auf den meisten Büro-Rechnern der öffentlichen Verwaltung werden sowieso Microsoft-Produkte für den Anwendungsbereich benutzt.

Nun soll Microsoft seinen Großkunden neue Lizenzbestimmungen für die Nutzung der Softwareprodukte aufs Auge gedrückt haben – diese gelten auch rückwirkend für laufende Verträge, behauptet zumindest die Bremer Bürgerschaftsfraktion der Grünen in einer Anfrage an den Senat. Kunden, die einmal die Vollversion eines Microsoft-Softwareproduktes für teures Geld gekauft haben, erhalten nach den neuen Richtlinen nur dann verbilligte Upgrade-Versionen, wenn sie ihre Verträge mit einer „Update-Assurance“ ergänzen, für die sie – also auch Bremen – wiederum ordentlich blechen müssen.

Die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Anja Stahmann elektrisierte zudem eine Anfrage von CDU und SPD, in der lapidar danach gefragt wird, was es mit der „vereinbarten Neu-Programmierung“ der Bremer E-Government-Plattform „im Rahmen der .net-Strategie von Microsoft“ auf sich habe. Die Online-Plattform für Verwaltungsdienstleistungen mit dem Namen „Governikus“ wurde weitgehend auf der Basis Microsoft-freier Software entwickelt. Stahmann ist „völlig davon überzeugt, dass der Verwaltung Kosten entstehen“, sollte Governikus auf Microsoft umgestellt werden. Sie plädiert stattdessen dafür, die freie Software Linux weiter zu fördern, wie es etwa das Land Schleswig-Holstein, aber auch die Bundesregierung oder das Kartellamt schon vorgemacht hätten. Im Frühjahr 2003 wolle Linux ein Desktop für Großunternehmen und Behörden auf den Markt bringen.

Die „Bremen online services GmbH“ (BOS), die Governikus entwickelt hat, bietet unter „www.bremer-online-service.de“ 100 Verwaltungsdienstleistungen online an. Vor allem Anwälte, Notare und Banken nutzen bereits die Möglichkeit, Mahnverfahren online abzuwickeln oder via PC Handelsregisterauskünfte einzuholen.

„Wir haben uns keineswegs nur auf Microsoft eingeschworen“, reagiert BOS-Geschäftsführerin Gisela Schwellach auf die Bauchschmerzen der Grünen. Die Verwaltung verwende auch heute schon, vor allem im Server-Bereich, Linux-Produkte. „Sollten wir einen Teil der Governikus-Plattform auf Microsoft-Basis neu programmieren, werden wir die freie Software bestimmt nicht löschen – es wird dann einfach beide Produktlinien geben“, sagt Schwellach. Und rechnen werde sich das auch.

Markus Jox

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