: Besser als alle Jungs
Das Frauen-Box-Turnier in St. Pauli hat selbst den männlich-dominierten Box-Verband beeindruckt: Vizepräsident Kienast will Frauen bald zu den regulären Meisterschaften zulassen. Hamburgerin Susi Kentikian wurde zur besten Newcomerin gewählt
von MATHIAS WÖBKING
Sogar Peter Kienast ließ sich irgendwann von der Begeisterung am Box-Ring anstecken: „Wahnsinn, was da los ist. So etwas erleben wir bei den Männern nicht oft“, sagt der füllige Mann, dessen großer Kopf überm Krawattenknoten ganz rot geworden ist.
Kienast ist Vizepräsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV). Die Männer dieses Gremiums haben sich erst vor knapp acht Jahren dazu entschließen können, das Boxverbot für Frauen offiziell aufzuheben. Das ist nicht ohne Folgen geblieben: Fast 60 Amateur-Boxerinnen traten am Wochenende in Deutschlands erster internationaler Meisterschaft in der Sporthalle St. Pauli gegeneinander an.
Zwei Titel sprangen für die fünf Hamburger Teilnehmerinnen heraus: Dörte Kreienbrink vom BSV 19 gewann das Finale im Leichtgewicht, und ihre Team-Kollegin Susi Kentikian wurde zur „besten Newcomerin“ gewählt. Die 15-Jährige war außer Konkurrenz angetreten, nachdem sechs Boxerinnen ihrer Gewichtsklasse die Teilnahme zurückgezogen hatten. „Aus Angst“, sagt Susi.
Unter den etwa 900 ZuschauerInnen des Turniers waren viele zum ersten Mal beim Boxen. „Vielleicht kapiert jetzt ja auch der DBV, dass wir die Popularität des Sports nur steigern können“, hofft Susanne Möllers, eine der Organisatorinnen vom BC Hanseat: „Nach nicht mal acht Jahren Frauen-Boxen in Deutschland konnten wir zeigen, dass wir richtig gut boxen können.“
Box-Profi Regina Halmich war als Stargast zwar vor allem damit beschäftigt, Autogramme zu geben, fand dann aber auch noch Zeit für die Forderung nach regulären Deutschen Amateur-Meisterschaften für Boxerinnen. Kienast vom DBV deutete daraufhin an, „dass zumindest drei oder vier Gewichtsklassen in die Meisterschaften der Männer einbezogen werden könnten“. Jens Hoyer, Präsident des Hamburger Amateur-Box-Verbandes, steht hinter diesem Projekt. „Wir müssen noch stärker den Nachwuchs fördern“, sagt er, bevor Frauen-Boxen wohl spätestens 2012 olympisch werde.
Susi Kentikian wird dann 25 Jahre alt sein. Ihr Talent mache sie schon jetzt zur Medallien-Hoffnung, glaubt Hoyer. Susis Bruder Mikael findet: „Technisch ist sie besser als alle Jungs im Verein.“ Der 19-Jährige tritt manchmal im Sparring gegen seine Schwester an. Und Vater Lefon, dem es gar nicht gefiel, als Susi vor zweieinhalb Jahren zum ersten Mal in den Ring stieg, ist mittlerweile der größte Fan. „Ich würde durch die Schläge k.o. gehen“, bewundert er seine Tochter.
Nur die Hamburger Ausländerbehörde könnte die Olympia-Hoffnungen zunichte machen: Die Familie Kentikian, die seit sieben Jahren in Hamburg lebt, soll nach Armenien abgeschoben werden. Der Hamburger Box-Verband will das verhindern und hat sich in einer Petition an die Bürgerschaft gewandt. Im Film würde Susi ihrer Familie das Bleiben ermöglichen und in zehn Jahren olympisches Gold gewinnen. Ob die BeamtInnen der Ausländerbehörde wohl manchmal ins Kino gehen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen