Bald Trauer um die Trauergruppe?

Ein Bremer Modellprojekt steht vor dem Aus: Bislang finden im Waller Zentrum rund 30 Kinder Trost, deren Angehörige gestorben sind. Jetzt ist die ABM-Stelle ausgelaufen, im Januar droht die Schließung. Die Politik ist ratlos

Hier können sie spielen, toben – und natürlich über das Grauen sprechen

Als die Mutter von Ulrike aus Bremen-Nord starb, tat die 13-Jährige so, als würde sie der Verlust kalt lassen. Tatsächlich bekam sie Asthma. Drei Jahre und viele Besuche beim Zentrum für trauernde Kinder später kam Ulrike jetzt das letzte Mal. „Endlich kann sie ein ‚normales‘ Leben anfangen“, freut sich Beate Alefeld vom Trauerzentrum.

Auch für Alefeld könnte bald der letzte Tag im Trauerzentrum gewesen sein. Das Projekt steht vor dem Aus. Alefelds ABM-Stelle ist im September ausgelaufen, eine neue ist nicht in Sicht. Irgendwie ist sie die seit Jahren schwelende Geld-Problematik auch leid: „Ich kann die Arbeit doch nicht umsonst erledigen.“ Im Januar ist Schluss, wenn nichts passiert.

Dabei werden sie und ihre 16 ehrenamtlichen Helfer dringend gebraucht. Viele Kinder sind schon im Kindergarten auffällig geworden, andere schickt die Erziehungsberatung. Inzwischen kommen 30 Kinder nach Walle, um den Verlust ihrer Angehörigen besser verarbeiten zu lernen. Hier können sie je nach Laune spielen, toben, malen oder sich ausruhen – und natürlich über das Grauen sprechen. „Erwachsene erleben die Zeit nach dem Tod oft wie einen Grauschleier“, erklärt Alefeld. „Kinder können dagegen Spaß und Trauer nebeneinander stehen lassen – das verstehen die Älteren häufig nicht“. Außerdem fühlten sich viele Kinder mit ihremKummer isoliert. Alefeld: „Es geht ihnen besser, wenn sie merken: Ich bin gar nicht allein mit dem Problem.“

Deshalb hat die Sozialpädagogin mit dem Aufbaustudium „Trauerbegleitung“ 1999 die Waller Gruppe gegründet, damals noch der einzige Ort in Deutschland, an dem Kinder gemeinsam trauern konnten. Bis heute haben sich mit ihrer Hilfe ähnliche Projekte in Berlin, München und Bergisch Gladbach gegründet.

Inzwischen haben Herbert Grönemeyer, Marco Bode, Siemens oder auch Mercedes Briefe vom Trauerzentrum erhalten, in denen Alefeld um Hilfe für das Modellprojekt bittet. Auch mehrere Stiftungen wurden angeschrieben, um das Zentrum zu retten. Demnächst will die Trauergruppe in der Bremer Innenstadt mit einem Stand um Unterstützer werben. Alefeld: „Wir versuchen alles.“ Eine weitere Idee ist es, Paten für die Kinder zu gewinnen. Eine Patenschaft kostet rund 25 Euro im Monat. Das wäre ungefähr der Betrag, der dem Zentrum fehlt, wenn das Arbeitsamt eine sogenannte „Strukturanpassungsmaßnahme“ bewilligt. Die würde rund die Hälfte der Kosten (rund 1.500 Euro im Monat) decken. Der Haken: Der Trägerverein der Trauergruppe müsste den Rest aufbringen. „Dazu sind wir jedoch derzeit nicht in der Lage“, erklärt Alefeld.

Die Politik ist ratlos, was die Zukunft der Initiative angeht. „Die Bremer Kassen sind leider leer“, sagt Karoline Linnert, Fraktionschefin der Grünen und rät, sich an die Aktion Sorgenkind zu wenden. „Die können sich gerne an mich wenden“, meint Frank Pietrzok, jugendpolitischer Sprecher der SPD. Aber: „Derzeit haben wir keine zusätzlichen Mittel“. Alefeld meint, dass ihre Arbeit letztlich Geld spare – Folgekosten für Therapien oder psychosomatische Schäden, die entstehen können, wenn sich niemand um die Kinder kümmert: „Letztlich sind wir eine Präventivmaßnahme“. Kai Schöneberg

Zentrum für trauernde Kinder e.V., Brahmestr. 22, Tel.: 34 36 68.