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Die Röhren von 1905

Ab Februar 2003 wird es schwieriger, sich durchs Viertel zu schlagen: Baugruben reißen ihren Schlund auf, verlangen Slalomfahrten, Umkehr oder Wechsel des Verkehrsmittels

Wohin gehören RadlerInnen? Und welche Straßendecke will das Viertel?

Wie eine Welle schwappt das Thema derzeit durch die beunruhigte Viertelöffentlichkeit: Die ab 2003 anstehende Großbaustelle auf der Quartiersmeile Ostertorsteinweg/Vor dem Steintor (taz vom 31.10. und 7.11.). Die BSAG hat mit dringend notwendigen Gleisbauarbeiten auf der Sielwall-Kreuzung den Stein ins Rollen gebracht. Der Bremer Abwasserentsorger Hansewasser nutzt die Gunst der aufgerissenen Straßen und tauscht die veraltete Kanalisation aus. Am Dienstag abend hatte der Beirat Östliche Vorstadt Experten geladen.

Fest steht: Die Baustelle wird sich insgesamt von der Mozartstraße bis zur Lüneburger Straße durchs Viertel wühlen. Baubeginn des ersten Abschnitts – Bauernstraße bis Römerstraße/Ziegenmarkt – ist spätestens im März 2003. Bis dahin muss entschieden sein, wie der Straßenraum gestaltet wird und welche Decke die neuen Straßen bekommen. Dann legen die Bagger antike Bremer Kanalisation unter dem Ostertorsteinweg frei: Die Rohre stammen laut Hansewasser-Ingenieur Arne Schmüser aus dem Jahr 1905. Das aufgerissene Stück O-Weg wird zwölf Wochen lang für Autos dicht sein. Zum Weihnachtsgeschäft 2003 wollen die Planer den ersten Bauabschnitt geschafft haben.

Gebuddelt wird auf beiden Seiten der Sielwall-Kreuzung gleichzeitig. Vor dem Steintor wollen die Baustellenplaner eine Not-Autospur bis zur Kreuzung einrichten. Wenn der erste Bauabschnitt fertig ist, gibt es zwischen Sielwall und Ziegenmarkt Radwege. Für die Idee, die Straßenbahnhaltestellen aus dem Dobben und vor dem Kino „Cinema“ ins Steintor zu verlegen, warben Senatsbaudirektor Uwe Bodemann und Heiko Wenke vom Amt für Straßen und Verkehr. In jedem Fall wird die Kreuzung im November 2003 anders aussehen: Sielwall und Dobben bekommen durchgehend eine asphaltierte Oberfläche. Das Hauptargument für eine Schwarzdecke: Sie sei wesentlich haltbarer als Kopfsteinpflaster, sagt Georg Drechsler vom BSAG-Vorstand. Ob Kopfstein oder Asphalt die restlichen Straßen bedecken soll, bleibt zu diskutieren: Ästhetik, Sicherheit der RadfahrerInnen und Lärmschutz sind abzuwägen.

Grundsätzlich ist noch offen, wie der Raum zwischen den Häusern insgesamt gestaltet werden soll: Eine Idee ist, die Bordsteinkanten bis an die neuen, auseinander gerückten Straßenbahngleise heranzuverlegen. Neben den breiteren Straßenbahnwagen bleibt RadfahrerInnen ohnehin zu wenig Platz, um sicher fahren zu können. Also lieber diesen Streifen den FußgängerInnen (und Autos zum Parken) zuschlagen und die RadlerInnen zwischen die Gleise schicken, ist die Argumentation etwa von Ortsamtsleiter Robert Bücking. Klaus-Peter Land vom Bremer ADFC stimmt ihm zu, dass zu wenig Platz für alle VerkehrsteilnehmerInnen nebeneinander ist. Er schlägt statt dessen vor, alle Gehwegkanten verschwinden zu lassen. Dann blieben für RadfahrerInnen mehr Ausweichmöglichkeiten. Als die schlechteste Lösung sieht der ADFC-Mann durchgehende Bordsteinkanten in Kombination mit grobem Kopfsteinpflaster zwischen den Schienen an.

Wann nach dem ersten Bauabschnitt weiter gearbeitet wird, muss noch entschieden werden: Entweder spielt das Baustellendrama – bis auf eine dreimonatige Weihnachtspause – durchgehend bis Ende 2004 und ist dann ausgestanden. Oder es wird häppchenweise gebaut. Das brächte Atempausen, aber mehrere Einzelbaustellen bis 2006/07 mit sich. ube

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