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„Erdgas kann einen Beitrag leisten“

Bundesumweltminister Jürgen Trittin erläutert, warum die Bundesregierung Erdgasfahrzeuge fördert. Erdgas soll als Kraftstoff bis 2020 zehn Prozent Marktanteil erreichen und Autoverkehr durch geringere Emissionen umweltfreundlicher machen

Interview LARS KLAASSEN

taz: Herr Trittin, Sie werden die Erdgas-Fahrzeug-Tage eröffnen. Welche Rolle spielt diese Technologie in Ihrer Umweltpolitik?

Jürgen Trittin: Obwohl wir auch im Verkehr seit 2000 leicht sinkende Kohlendioxid-Emissionen verzeichnen, bleibt der Verkehr nach wie vor ein Sorgenkind der Umweltpolitik. Neben Verkehrsvermeidung sowie -verlagerung auf umweltfreundlichere Transportmittel muss es uns in den nächsten Jahren gelingen, auch die Emissionen des Verkehrs weiter zu senken. Erdgas kann dazu einen großen Beitrag leisten. Die Technik ist marktreif und hilft, sowohl die klassischen Luftschadstoffe als auch den Kohlendioxidausstoß bei Verbrennungsmotoren drastisch zu senken. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die breite Markteinführung von Erdgas als Kraftstoff. Das wird dazu beitragen, die ab 2005 gültigen europäischen Luftqualitätsziele – insbesondere bei Partikeln – einzuhalten. Langfristig gesehen halte ich den Erdgasantrieb für eine technologische Brücke zum solaren Wasserstoff.

Sollen künftig vor allem Erdgasfahrzeuge die Straßen nutzen?

Ziel der Bundesregierung ist es, Mobilität umweltfreundlich zu gestalten. Technische Innovationen wie der Erdgasantrieb bringen uns diesem Ziel einen großen Schritt näher. Alternative Technologien können einen erheblichen Innovationsdruck auslösen, den Schadstoffausstoß im Verkehr deutlich zu senken, weil sie zeigen: Es geht. Damit der Erdgasantrieb eine Chance am Markt hat, schaffen wir günstige Rahmenbedingungen wie etwa durch die Mineralölsteuerbegünstigung im Zuge der ökologischen Steuerreform. Auch die Europäische Kommission hat unsere Initiative aufgegriffen und unterstützt europaweit die Markteinführung von Erdgas als Kraftstoff. Bis 2020 sollen alternative Antriebe einen Marktanteil von 20 Prozent, Erdgas allein 10 Prozent haben.

Die Mineralölsteuerbegünstigung für Erdgas als Kraftstoff ist bis Ende 2009 im Rahmen der ökologischen Steuerreform festgeschrieben worden …

Wir sind gerade dabei, die Steuerbegünstigung für Erdgas als Kraftstoff bis 2020 zu verlängern. Das bietet mehr Investitionssicherheit und einen Anreiz für die Autoindustrie, ihr Angebot substanziell – vor allem bei Nutzfahrzeugen – zu erweitern. Nachdem die Gaswirtschaft zugesagt hat, das Erdgastankstellennetz bis 2006 bundesweit flächendeckend auszubauen und dafür auch entsprechend in Investitionsvorleistung zu gehen, wird eine breitere Fahrzeugpalette benötigt. Die Fahrzeugindustrie muss nun die entsprechenden technischen Herausforderungen meistern und Investitionen tätigen. Wir haben dafür gesorgt, dass es auf lange Sicht enorme Marktchancen gibt.

Kann der breite Einsatz von Erdgasfahrzeugen zur Luftreinhaltung und zum Klimaschutz ausreichend beitragen?

Um die Umweltprobleme des Verkehrs in den Griff zu bekommen, wird es immer ein Bündel von Maßnahmen geben müssen, wie wir es in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben. Dazu gehören Investitionen in die Schiene ebenso wie die Lkw-Maut ab 2003 und eben die Markteinführung des Erdgasantriebs, um nur einige Beispiele zu nennen. Mit Erdgas können heute die anspruchvollsten europäischen Abgasnormen erfüllt und erheblich Kohlendioxid vermindert werden. Erdgas ist der kohlenstoffärmste fossile Kraftstoff und bietet bei entsprechend optimierter Fahrzeugtechnik ein Kohlendioxid-Minderungspotenzial von immerhin rund 25 Prozent. Wie viel Erdgas zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung im Verkehrsbereich letztlich beitragen wird, hängt maßgeblich vom Erfolg der breiten Markteinführung ab.

Gibt es in Sachen Erdgasfahrzeuge ein gemeinsames Vorgehen zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium?

Ja, natürlich. Beispielsweise arbeiten wir eng im Rahmen der „Verkehrswirtschaftlichen Energiestrategie“ zusammen. Richtig ist aber auch, dass Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt seit Jahren die Markteinführung von Erdgas als Kraftstoff besonders in den Vordergrund stellen.

Wie sieht die Förderung der Bundesregierung aus?

Neben der bereits erwähnten Verlängerung der Mineralölsteuerbegünstigung haben wir eine Reihe von Pilotvorhaben gefördert, die die Praxistauglichkeit des Erdgasantriebs unter Beweis stellen. Gegenwärtig laufen unter anderem das Vorhaben „Tausend Umwelt-Taxis für Berlin (TUT)“ sowie das Projekt „Anspruchsvolle Umweltstandards im ÖPNV-Wettbewerb“. Mit diesem Projekt soll gezeigt werden, dass künftig Wettbewerb im öffentlichen Nahverkehr nicht nur um die Kosten geführt werden darf, sondern hohe Umweltstandards ebenso dazu gehören müssen und der Erdgasantrieb hier im Vergleich zum Diesel deutliche Vorteile besitzt.

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