: Möllemann schlägt zurück
Lange war Jürgen Möllemann abgetaucht. Diese Woche will er enthüllen, wie die FDP mit Geld umgeht: Er, Möllemann, bezahlte Wahlkampf selbst – Guido Westerwelle flog auf Kosten anderer
aus Köln PASCAL BEUCKER
Hat Jürgen Möllemann seine Partei nur aus Bescheidenheit in eine Spendenaffäre gestürzt? Mit dieser schlichten Erklärung will der abgestürzte liberale Fallschirmspringer in dieser Woche offenbar einen Ausweg aus dem Spenden- und Schwarzgelddschungel der nordrhein-westfälischen FDP finden. Möllemann, so heißt es aus seinem Umfeld, werde gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem FDP-Schatzmeister erklären, die fast eine Million Euro betragenden Kosten für seinen antisemitisch gefärbten Wahlkampfflyer aus eigenem Vermögen bezahlt zu haben. Möllemann habe sich nur deswegen nicht als Großspender geoutet, um nicht als millionenschwerer Krösus zu erscheinen.
Die wundersame Aufklärung à la Möllemann käme der FDP zupass. Sie hätte nur noch mit einer Rüge des Bundestagspräsidenten zu rechnen – und könnte die am Freitag an Thierse überwiesenen 873.000 Straf-Euro zurückfordern. NRW-Vizechefin Ulrike Flach jedenfalls hält Möllemanns erwartete Erklärung für plausibel. „Ich habe immer gesagt, dass das nicht unser Geld ist und die Flyerfinanzierung keine Angelegenheit der Partei ist“, sagte Flach der taz.
Möllemann will das Gesetz des Handelns zurückgewinnen. Dazu gehört auch das gezielt gestreute Gerücht, er arbeite gegenwärtig an einem „Enthüllungsbuch“. Einen kleinen Vorgeschmack darauf erhält die FDP-Spitze nun beinahe täglich. So erfährt die erstaunte Öffentlichkeit jetzt, dass die FDP-Bundestagsfraktion Westerwelles Fahrt nach Israel und Ägypten Ende Mai bezahlte. Dabei war seinerzeit der fünftägige Trip in diversen Presseerklärungen als „erste offizielle Auslandsreise“ Westerwelles als FDP-Bundesvorsitzender und -Kanzlerkandidat gefeiert worden. Diese Sprachregelung wurde nun geändert: „Guido Westerwelle hat diese Reisen auch im Auftrag der Fraktion gemacht, und zwar auch in Begleitung einer Delegation der FDP-Bundestagsfraktion“, rechtfertigte Fraktionschef Wolfgang Gerhardt die Querfinanzierung.
Aus der Schusslinie ist Jürgen Möllemann dennoch nicht. So überprüft die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft laut Spiegel zurzeit eine Betriebsprüfung bei Möllemanns Firma WebTec, um die Herkunft von Möllemann-Geldern zu klären. Ohne dokumentierte Gegenleistung habe die Firma Mitte der 90er-Jahre 5,2 Millionen Mark von der Liechtensteiner Briefkastenfirma Curl AG erhalten. Hinzu komme noch 1 Million Mark von Möllemanns Freund und Geschäftspartner Rolf Wegener. Die Gelder könnten aus dem Thyssen-Panzergeschäft mit Saudi-Arabien aus dem Jahr 1991 stammen, so lautet der Verdacht. Außerdem wurde Möllemann inzwischen in Luxemburg wegen Geldwäscheverdachts angezeigt, nachdem dort von einem Konto des FDP-Politikers etwa 1 Million Euro in bar abgehoben worden waren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen