Austreten gefälligst!

Guido Westerwelle wirft Möllemann persönlich aus der Partei – und kämpft damit um seinen Vorsitz

von ULRIKE HERRMANN

Die Krawatte war gelb-blau gestreift und passte gar nicht zum Anzug. Die liberalen Signalfarben leuchteten viel zu angriffslustig für das grau-gediegene Tuch. Es schien, als wollte Schlipsträger Guido Westerwelle gestern klarstellen: „Die FDP, das bin ich.“ Und nicht etwa ein unliebsames Mitglied namens Jürgen W. Möllemann, das gestern ultimativ zum Parteiaustritt aufgefordert wurde.

Es ist lange her, dass Parteichef Westerwelle gut aussah im Zweikampf gegen seinen Exvize. Erst zögerte er im Frühsommer zu lange, den latenten Antisemitismus von Möllemann zu kritisieren. Dann machte er sich als Kanzlerkandidat mit dem „Projekt 18“ lächerlich, das wiederum sein Vize erfunden hatte. Und auch Möllemanns Spendenaffäre konnte Westerwelle bisher nicht nutzen: Stattdessen profilierte sich Bundesschatzmeister Günter Rexrodt, der den jovialen und doch kundigen Chefaufklärer gab. Er war es, der immer neue Absonderlichkeiten über die Finanzierung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und des Anti-Friedman-Flugblattes zum Besten geben konnte. Längst hatte man den ehemaligen Wirtschaftsminister zu einer Berliner Lokalgröße herabgestuft – da ist er nun plötzlich und etwas unerwartet zu einem elder statesman der Partei aufgestiegen. Er scheint zu führen, nicht Westerwelle.

Das soll nun erkennbar anders werden. Der Parteichef will wieder Chef sein – das war gestern die eigentliche Botschaft des Tages. Daher reichte es nicht aus zu verkünden, dass der Bundesvorstand am nächsten Montag über ein „Parteiordnungsverfahren“ beraten wird „mit dem Ziel des Parteiausschlusses“ – falls Möllemann die FDP bis dahin nicht freiwillig verlässt. Nein, Generalsekretärin Cornelia Pieper betonte nicht umsonst so deutlich, dass dieser „einstimmige“ Beschluss des Präsidiums ein „Vorschlag von Guido Westerwelle“ war. Die Macht des Handelns ist also angeblich zum Vorsitzenden zurückgekehrt.

Und zwar „genau zum richtigen Zeitpunkt“, wie Westerwelle erklärte. Das hat einen doppelten Sinn. Der offizielle: Es gäbe jetzt ein „klares Schuldeingeständnis“ von Möllemann. So jedenfalls liest die Partei seine Aussagen, die er 17-seitig bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hinterlassen hat. Schließlich habe er zugegeben, dass er jene 840.000 Euro stückelte, mit denen er den Vertrieb seines Anti-Friedman-Flugblatts im Wahlkampf bezahlt hat. Das sei ganz klar „Verschleierung“ von Spenden. Zudem habe Möllemann mit seinem latent antisemitischen Flugblatt vorsätzlich gegen Parteitagsbeschlüsse verstoßen. Darüber hinaus – das ist der zweite Sinn – drängt auch die Zeit: Am 2. Februar stehen die Wahlen in Hessen und Niedersachsen an. Wenn die FDP nicht bald aus ihrem Chaos hinausfindet, stehen die Chancen schlecht, als Mehrheitsbeschaffer für die CDU zu taugen.

Da wollte man nicht mehr weiter vergeblich auf Stellungnahmen von Möllemann warten. Erst war eine für letzten Mittwoch angekündigt, dann für gestern. Jetzt ließ der liberale Monomane wissen, dass er seine Geschichten lieber in der nächsten Ausgabe des Stern erzählt.

Weitere Racheversuche sind dabei nicht ausgeschlossen. Schon bisher musste sich die FDP plötzlich mit Vorwürfen auseinander setzen wie etwa denen, dass sie den Kauf ihrer Berliner Parteizentrale unsauber finanziert habe oder dass Parteichef Westerwelle im Mai auf Fraktionskosten nach Israel geflogen sei. Nun ist es keineswegs sicher, dass ein Parteiausschlussverfahren auch erfolgreich wäre. Und würde ein Scheitern nicht den Vorsitzenden schwächen? „Nein!“ Da ist zumindest Westerwelle sicher.