: Ziemlich o.k. – für ein Auto
Erdgasautos sind umweltfreundlich und billig. Sie mit Treibstoff zu versorgen, kann allerdings zum Abenteuer geraten. Regierung verlängert Steuerbefreiung bis 2020. Benzin gibt es per Knopfdruck
von GERNOT KNÖDLER
Ein Erdgasauto ist ein Wagen, mit dem man die Städte links und rechts der Autobahn kennen lernt. Zwar überzeugt es im Vergleich mit anderen Autos durch Umweltfreundlichkeit und einen konkurrenzlos billigen Spritpreis. Die Reichweite einiger Fahrzeuge lässt jedoch stark zu wünschen übrig, so dass jede lange Tour geplant werden muss. Denn auch die Tankstellen sind dünn gesät und liegen nicht immer direkt an der Strecke.
Erdgas-Autos laufen mit den üblichen Otto-Motoren, die auch mit Benzin betrieben werden können. Sie brauchen allerdings besondere Tanks, die an speziellen Zapfanlagen mit einem Druck von 200 Bar gefüllt werden. Das Tanken ist unproblematisch, wenn man es einmal kapiert hat. Eine Prozent-Anzeige gibt an, wie weit der Tank bereits gefüllt ist. Bei 100 hört sie auf, noch ein Kubikzentimeterchen zusätzlich einzufüllen, wie in den Benzintank, ist umöglich.
Ein voller Tank reicht bis Berlin
Gemessen wird das Gas in Kilogramm. In den Tank des Opel Zafira, den die taz hamburg ausprobiert hat, passen 19 Kilo. Wer kurz vor dem Verlassen Hamburgs noch einmal tankt und um die 120 Stundenkilometer fährt, schafft es damit nach Berlin. Gute fünfeinhalb Kilo Gas auf 100 Kilometer brauchte der Wagen bei dieser Geschwindigkeit. Der Versuch, auf dem Rückweg dem ICE Konkurrenz zu machen, kostete knapp sieben Kilo auf 100 Kilometer. Bei einem Gaspreis von 62 bis 69 Cent pro Kilo war die Fahrt etwa die Hälfte billiger, als sie es mit einem benzinbetriebenen Zafira gewesen wäre. Im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug ist das Gasauto um 30 Prozent billiger.
Der niedrige Spritpreis ist politisch gewollt. Weil das Fahren mit Erdgas weniger Schadstoffe freisetzt als mit Benzin oder Diesel, hat die Bundesregierung das Gas als Kraftstoff bei der Steuer begünstigt. Sie hat bereits angekündigt, die ursprünglich bis zum Jahr 2009 geplante Förderung bis 2020 auszudehnen.
Erdgas enthält nur 56 Gramm Kohlendioxid pro Megajoule gegenüber 72 Gramm bei Motorbenzin und 80 Gramm bei Erdöl. Ungefähr mit dieser Differenz entlastet ein Erdgasauto die CO2-Bilanz. Ähnliches gilt bei Kohlenmonoxid und den Stickoxiden. Im Vergleich zum ebenfalls günstigen Dieseltreibstoff fällt beim Gas fast kein Schwefeldioxid an und auch keine krebserregenden Rußpartikel. Überdies ist ein Gasmotor nur halb so laut wie ein Diesel.
Gasautos gibt es serienmäßig von mehreren Herstellern. Einige von ihnen verfügen neben dem Gastank über einen Benzintank. Beim Zafira dient er als Reserve. Wenn das Gas zur Neige geht, beginnt ein Lämpchen unter der Tankanzeige erst zu leuchten, dann zu blinken. Per Knopfdruck kann der Fahrer auf Benzin umschalten. Dazu muss er nicht einmal anhalten.
Die Umstellung macht sich nur dadurch bemerkbar, dass das Lämpchen aufhört zu blinken, die Tanknadel sich auf Benzinhöhe vorarbeitet und die Leistung auf 75 Prozent abfällt. Der Wagen zieht nicht mehr so gut und braucht Unmengen Sprit. Solche „doppelgleisigen“ Wagen sind Kompromisse, weil sie entweder auf Gas oder auf Benzin optimiert werden. Wer mit dem anderen Treibstoff fährt, büßt einen Teil seines Vorteils ein.
Bei einem Wagen wie dem Zafira gilt es also, von Tankstelle zu Tankstelle zu springen. Sechs Gastankstellen gibt es in Hamburg. Wer keine in der Nähe hat, muss einen Umweg fahren. Ein Taxifahrer hilft dem Anfänger die Gaszapfanlage zu bedienen. Für Taxifahrer, die ihre Wege in der Stadt leicht so einrichten können, dass sie an einer Gastankstelle vorbeikommen, ist der Gasantrieb höchst lukrativ. Die Mehrkosten für den Wagen erwirtschaften sie als Vielfahrer in kürzester Zeit. Das Gleiche gilt für Firmen mit großen Fahrzeugflotten, für die es sich sogar rentiert, eigene Tankstellen einzurichten.
Örtliche Gasversorgerbedienen nicht jeden
Für Fahrten in fremde Städte hat der Trägerkreis Erdgasfahrzeuge eine Broschüre mit Kartenausschnitten erstellt, auf der die Erdgastankstellen mit Öffnungszeiten und Telefonnummern verzeichnet sind. Auf die Telefonnummer sollte zurückgreifen, wer die Tankstelle des örtlichen Gasversorgers anlaufen will. Denn der bedient oft nur die Kundschaft, die sich bei ihm eine Tankkarte besorgt hat. Der Fremde muss ein weiteres Mal den Stadtplan studieren und lernt ein bisschen mehr von seinem Reiseziel kennen.
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