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DIE MEDIEN GEHEN ZU FAHRLÄSSIG MIT GEHEIMDIENSTINFORMATIONEN UMPropaganda statt Information

Das musste ja so kommen. Die britischen Zeitungen Times und Independent berichten gestern übereinstimmend, dem britischen Premier Tony Blair lägen nagelneue Geheimdienstberichte aus dem Irak vor, denen zufolge Saddam Hussein seine Waffenprogramme durch neue Tricks verschleiert – und sich im Übrigen seiner Herrschaft nicht mehr sicher sein kann, weil es überall im Land brodelt. Zugegeben: Diese Meldungen müssen nicht zwangsläufig Kriegspropaganda sein. Sie könnten auch stimmen. Nur: Das Material, das die Zeitungen zitieren, gibt dafür keinerlei stichhaltige Anhaltspunkte.

Wie es so ist, wenn Journalisten aus Geheimdienstkreisen gefüttert werden, gibt es für die Behauptungen keine Beweise, keine Belege, keine Dokumente, nichts. Die Journalisten sollen glauben, dass sie Geheimnisse erfahren, die die Regierung für wahr hält. Ob sie nicht vielmehr nur zu hören bekommen, was die Regierung gern verbreiten will, müssen sie selbst abschätzen.

In diesem Fall, und angesichts der Bedeutung der verbreiteten Behauptungen, ist der Umgang insbesondere der Times mit dem Material nahezu fahrlässig. Denn wenn es bewiesen wäre, dass Saddam seine Vertrauten und höheren Beamten aufgefordert hat, Unterlagen, Computer oder gar Bauteile aus geheimen Waffenprogrammen zu Hause zu verstecken, dann wäre das ein so eindeutiger Verstoß gegen die UN-Sicherheitsratsresolution 1441, dass der Rat umgehend zusammentreten und über „ernsthafte Konsequenzen“ beraten müsste. Die Meldung ist eine Begründung für den Krieg – und zwar eindeutig einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung.

Wie gesagt, die Informationen können auch stimmen – wer kann das schon wissen? Nur: Times und Independent wissen es eben auch nicht, trotzdem formuliert die Times nicht den Hauch eines Zweifels an der Authentizität der Quellen und der Berichte, so als hätte sie vom Zusammenhang von Krieg und bewusst lancierten Falschmeldungen noch nie etwas gehört. Müssen denn die Medien wirklich immer erst hinterher feststellen, dass sie sich schon wieder haben über den Tisch ziehen lassen? BERND PICKERT

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