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CDU und FDP off Gürtellinie

Attacken gegen Schauspielhaus-Intendant Stromberg wegen Programm, ermäßigten Karten und Teilnahme an Bambule-Diskussion. Betriebsrat des Theaters protestiert

Die Kritik an Programm und Finanzen des Schauspielhauses – die Kultursenatorin Dana Horáková (parteilos) mit ihrer „Inspirations“-Forderung eröffnet hatte – ist gestern eskaliert und mit Attacken gegen das gesellschaftspolitische Engagement des Intendanten Tom Stromberg vermischt worden. CDU und FDP werfen ihm die hohe Zahl ermäßigt verkaufter Karten – 46,4 Prozent in dieser Spielzeit – vor, ebenso wie das Aufbrauchen der unter Vorgänger Frank Baumbauer erwirtschafteten Rücklagen. An dem Versuch, die Jugend ans Theater heranzuführen, arbeitet sich allerdings derzeit die gesamte deutsche Bühnenlandschaft ab. Das Recht, die Rücklagen in den ersten drei Spielzeiten zu verbrauchen, ist in Strombergs Vertrag fixiert.

Auch die Teilnahme Strombergs gestern an einer Podiumsdiskussion zum Thema Bambule – aktueller Anlass für des Senats Breitseite – ist völlig legal. Aber eben missliebig: Er solle nicht auf fremden Bühnen spielen, nörgelt Martin Woestmeyer, kulturpolitischer Sprecher der FDP. Mit Seitenblick auf die ermäßigten Karten folgert er: „Stromberg scheint das Off lieber zu sein, dann soll er auch off-Schauspielhaus gehen.“

Als „Kopulationstheater“ wiederum will der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Ehlers (CDU) das Stück „Vorher/Nachher“ des bundesweit geschätzten Nachwuchsautors Roland Schimmelpfennig identifiziert haben. Ein Vokabular, „das mich an Bayern vor 30 Jahren erinnert, wenn sich CSU-Politiker mal über Zeitgenössisches äußerten“, sagt Stromberg dazu. Als geradezu „hanebüchen“ bezeichnet der Intendant die Tatsache, dass die Kultursenatorin die jugendfreundliche Preispolitik des Schauspielhauses mit den Worten „Dies ist doch kein Kinder- und Jugendtheater“ abqualifiziert. Solche Kommentare beleidigten und frustrierten auch die Belegschaft, heißt es in einem Offenen Brief des Schauspielhaus-Betriebsrats an die Senatorin. Es sei wenig hilfreich, „die Existenzberechtigung des Hauses infrage zu stellen“ und den Besuchern ein „gestörtes Kunstverständnis zu attestieren“.

Bleibt noch das für 2002 prognostizierte Defizit von 62.000 Euro, mit dem Stromberg laut Ehlers „die Zukunft des Hauses gefährdet“. „Der Vorwurf der Überschuldung ist eine Frechheit und geradezu fahrlässig“, betont der Intendant. „Bei einem Gesamtetat von 22 Millionen Euro machen 62.000 gerade mal 0,3 Prozent aus. Die kann man jederzeit wieder einsparen.“ Warum eigentlich niemand davon rede, dass die Zuschauerzahlen in dieser Spielzeit gestiegen seien – von 160.305 in der vorigen Spielzeit auf aktuell 178.390. „Das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, wenn man auch programmatisch immer zwischen der bürgerlichen Mitte und der Jugend rangieren muss.“

Petra Schellen

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