: Recht auf Anwalt
US-Gericht entscheidet, dass auch unter Terrorverdacht Inhaftierten ein Anwalt nicht verwehrt werden darf
WASHINGTON taz ■ Ein Bundesgericht in New York hat am Mittwoch entschieden, dass einem unter Terrorverdacht inhaftierten US-Staatsbürger sein verfassungsmäßiges Recht auf einen Anwalt nicht verwehrt werden darf. Der so genannte „Dirty Bomber“ Jose Padilla, der auf einer Militärbasis festgehalten wird, kann somit einen Anwalt konsultieren. Die Richter wiesen das Argument der Regierung zurück, der Inhaftierte könne den Kontakt zu seinem Anwalt benutzen, um mit den Feinden Amerikas in Verbindung zu treten.
Die Bürgerrechtsvereinigung ACLU lobte das Urteil, doch ist es nur ein Teilerfolg. Denn die Richter bestätigten auch die Autorität des Präsidenten, selbst US-Bürger als „feindliche Kämpfer“ zu deklarieren und ihnen dadurch verbriefte Bürgerrechte abzuerkennen. Dieses Verfahren sei ungewöhnlich, aber in Kriegszeiten zulässig. Nach Auffassung der Richter befinden sich die USA seit dem 11. September im Krieg.
Die Entscheidung fiel wenige Tage, nachdem die US-Regierung eingeräumt hatte, ein paralleles „kriegstaugliches“ Rechtssystem zu entwickeln. Mit dessen Instrumenten sollen mutmaßliche Terroristen verfolgt, eingesperrt, verhört und verurteilt werden. Pentagon und Justizministerium machen vom neuen System eifrig Gebrauch durch weit reichende geheime Überwachungsmethoden, unbegrenzte Militärhaft und Deportationen.
Das umstrittenste Element ist jedoch die Macht Bushs, Personen als „feindliche Kämpfer“ zu betiteln und sie zu „Gesetzlosen“ zu machen. Da die Regierung bislang keine einheitlichen Kriterien für diesen Status aufgestellt hat, werfen Bürgerrechtler ihr Willkür vor. „Die Tatsache, dass die Regierung allein entscheiden kann, ist erschreckend“, sagt Morton H. Halperin vom Open Society Institute in Washington.
Bislang wurden zwei US-Bürger der neuen Kriegsjustiz unterstellt: Jose Padilla, der einen Anschlag mit einer uranangereicherten Bombe geplant haben soll und Yasir Esam Hamdi, einem in Afghanistan festgenommenen Talibankämpfer. Die Ermittler glauben sie so lange festhalten zu können, bis die Regierung den Krieg gegen den Terror für beendet erklärt – ein für Rechtsanwälte nicht haltbares Argument, da das Weiße Haus betont, dass es sich um einen unbegrenzten Krieg handelt. Doch die US-Regierung folgt ihrer eigenen Logik. Die parallele Justiz sei wichtig, da Terrorismus sich kriegerischer und krimineller Mittel bediene. Terror könne nicht nur nach Anschlägen verfolgt werden, sondern müsse vereitelt werden. MICHAEL STRECK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen