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Mit der Vermögensteuer populär werden

Neues aus Niedersachsen: Wahlkämpfer Gabriel hat ein Buch geschrieben und sich mit dem Kanzler gestritten

HANNOVER taz ■ Sigmar Gabriel hat seine erste Pressekonferenz in der SPD-Wahlkampfzentrale, der „Niedersachsen-Kampa“, sorgfältig vorbereiten lassen: Schon vorab verbreitete die Staatskanzlei Auszüge aus seinem Buch „Mehr Politik wagen“. In dem 256-Seiten-Werk schlägt der SPD-Ministerpräsident unter anderem vor, die Krankenversicherung teilweise aus Steuermitteln zu finanzieren.

Doch gab es gestern nicht nur Auszüge aus dem Buch: Auch der Vorabdruck im neusten Stern wurde verteilt. Das Magazin bezeichnet Gabriel „als kraftmeiernden Reformer gegen den Zauderer in Berlin“ und als „den logischen Ersatz-Schröder, falls der 2006 abtritt“.

Dabei war das Thema der gestrigen Pressekonferenz eigentlich ein anderes: Gemeinsam mit Schüler- und Elternvertretern sowie der GEW wollte Gabriel die Initiative „1 Prozent Vermögensteuer für 100 Prozent Bildung“ vorstellen. Doch am Tag zuvor war dieses Thema ein wenig abhanden gekommen. Denn in Berlin sprach der real existierende Schröder ein Machtwort: keine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Es sei ein Fehler, Betriebe damit zu belasten. Und nur für Privatvermögen lohne die Steuer nicht.

Also kam Gabriel nicht mehr so recht dazu, die 100-prozentige Unterrichtsversorgung darzustellen, die die Wiedereinführung der Vermögensteuer in Niedersachsen bringen soll. Stattdessen war der Dissens zum Bundeskanzler das beherrschende Thema. Schröders Position sei nicht neu und habe ihn nicht überrascht, versuchte Gabriel abzuwiegeln. Doch längst hatte sich die Geschichte verbreitet, dass die beiden Niedersachsen kurz zuvor telefoniert hätten – am Ende habe der Kanzler den Hörer aufgeknallt.

Gabriel jedenfalls versicherte gestern, auf der Vermögensteuer zu beharren. Er kann sich durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering bestätigt fühlen, der die Kanzlerworte gestern relativierte. Man werde den SPD-regierten Ländern, die eine Vermögensteuer planen, nicht vorgreifen.

Gabriels Konfliktstrategie passt zum Buch: Der Ministerpräsident nimmt sich Vorgänger Schröder konsequent zum Vorbild. Auch der Kanzler hatte in seinen Wahlkämpfen als niedersächsischer Regierungschef 1994 und 1998 betont, dass er die Kanzlerschaft anstrebe. So wollte er seine Popularität steigern und von den niedersächsischen Sparzwängen ablenken. Allerdings: Damals regierte Unionskanzler Kohl, nicht ein Parteigenosse.

Selbst den Buchtitel hat Gabriel von Schröder geklaut. Unter der Parole „Mehr Politik wagen“ kandidierte Schröder 1993 gegen Rudolf Scharping – und unterlag bei der Kür des SPD-Kamzlerkandidanten. Daran hätte sich Gabriel eigentlich erinnern müssen.

JÜRGEN VOGES

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