: Leichtes Rauchen schwer gemacht
Europäischer Gerichtshof bestätigte gestern das Verbot von verhamlosender Etikettierung. Teer- und Nikotinwerte müssen weiter sinken. Warnhinweise werden größer. Deutschland verschläft Klagefrist, Klage britischer Tabakfirmen wurde abgelehnt
von CHRISTIAN RATH
Bald schon wird es keine „milden“ und „leichten“ Zigaretten mehr geben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte gestern das Verbot verharmlosender Etikettierungen von Tabakprodukten. Zugleich erklärten die Luxemburger Richter, dass die EU über weitreichende Kompetenzen zur Regulierung des Tabakmarktes verfügt. Damit sinkt die Aussicht von Klagen gegen das kürzlich beschlossene Tabakwerbeverbot. Konkret ging es gestern um eine EU-Richtlinie vom Juni 2001, mit der die EU ihre Anforderungen an Tabakprodukte verschärfte. Über das Verbot von „leicht“ und „mild“ hinaus müssen die Teer- und Nikotinwerte in Zigaretten ab 2004 weiter abgesenkt und die Warnhinweise auf den Packungen vergrößert werden.
Die Bundesregierung wollte eigentlich gegen diese Tabak-Richtlinie klagen, reichte aber ihre Klageschrift um einen Tag zu spät ein, sodass diese unzulässig war. Auf Klage einiger englischer Tabakfirmen musste der EuGH die Richtlinie nun aber doch prüfen. Die Unternehmen – unter anderem BAT („Lucky Strike“, „Gauloises“) und die Reemtsma-Mutter Imperial Tobacco („West“) – klagten vor allem, die EU habe ihre Kompetenzen überschritten, da für den Gesundheitsschutz weiterhin die Mitgliedsstaaten zuständig sind.
Die Richter folgten nun aber der EU-Kommission und den meisten Regierungen und stuften die Tabakrichtlinie als zulässige Maßnahme zur Sicherung des freien Warenverkehrs ein. Schließlich werde die Öffentlichkeit gegenüber den Gefahren des Rauchens immer sensibler, weshalb mit vielen neuen nationalen Gesetzen zur Herstellung und Etikettierung von Zigaretten zu rechnen war. Unter diesen Umständen konnte eine gemeinsame Richtlinie, so der EuGH, Handelshemmnisse verhindern. Auch die einzelnen Vorgaben der Richtlinie stufte der EuGH als „verhältnismäßig“ ein.
Nur in einem Punkt siegten die Tabakfirmen in Luxemburg. Die Etikettierungsvorschriften gelten künftig nur für die Vermarktung im Binnenmarkt, nicht aber für Zigaretten, die in Drittländer exportiert werden. Dagegen sind die neuen Höchstwerte für Teer (10 Milligramm) und Nikotin (1 Milligramm) auch auf Exportzigaretten anzuwenden. So soll eine illegale Wiedereinfuhr zu starker Zigaretten verhindert werden. Auch bei dem letzte Woche von der EU beschlossenen Werbeverbot für Tabakerzeugnisse wird um die Kompetenzen der EU gestritten. Nach der gestrigen Entscheidung dürfte das Argument der Kritiker, die EU beziehe sich nur zum Schein auf den freien Warenverkehr, aber wohl wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Im Oktober 2001 hatte der EuGH ein allgemeines Tabakwerbeverbot noch untersagt – allerdings nur weil damals auch Kinowerbung und Plakattafeln miterfasst waren und diese keine grenzüberschreitende Wirkung haben. In einem neuen Anlauf konzentrierte sich die EU deshalb auf die Werbung in Zeitschriften, Radio und Internet sowie auf das Sponsoring. Fernsehwerbung für Tabakprodukte ist schon seit 1989 verboten.
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