Genpflanzen werden kodiert

Damit Verbraucher die Wahl zwischen gentechnikfreien und manipulierten Produkten haben, soll jede gentechnisch veränderte Substanz in jeder Verarbeitungsphase erkennbar sein. Biotech-Firmen hoffen nun auf mehr Neuzulassungen

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Das Thema Gentechnik stand schon Ende November auf der Tagesordnung der Agrarminister. Sie legten fest, ab welchem Grenzwert genveränderte Substanzen in Nahrungs- und Futtermitteln auf dem Etikett ausgewiesen sein müssen. Am späten Montagabend beschlossen die Umweltminister nun, wie sichergestellt werden soll, dass sich die Spur dieser Substanzen nicht auf dem Transportweg oder in der Nahrungskette verliert.

Jede genetisch veränderte Pflanze soll einen Code erhalten, der dem Produkt in jeder Verarbeitungsphase beigefügt ist. Nur so ist gewährleistet, dass auf dem Endprodukt im Supermarkt alle Genbestandteile auftauchen, die den vereinbarten Grenzwert von 0,9 Prozent übersteigen. „Diese Regelung ermöglicht den Verbrauchern die Wahl zwischen Produkten mit oder ohne GVO“, sagte der derzeit den Vorsitz führende dänische Umweltminister Hans Christian Schmidt.

Greenpeace, das bereits die Vereinbarung der Agrarminister gutgeheißen hatte, begrüßte das Ergebnis. Umfragen der Umweltschutzorganisation zufolge lehnen 70 Prozent der Verbraucher genveränderte Lebensmittel ab, 90 Prozent wollen, dass diese Substanzen auf dem Etikett aufgeführt sind.

Großbritannien und die Niederlande hatten gegen die Vereinbarung gestimmt, weil sie das neue Verfahren für zu kostspielig halten. Es sei unvermeidbar, dass traditionelle Getreidesorten mit genetisch verändertem Getreide verschmutzt würden, wenn beide Produkte nacheinander im selben Container transportiert würden. Deshalb hatte Großbritannien auch beim Agrarministerrat Ende November für einen deutlich höheren Grenzwert plädiert, ab dem derartige Substanzen auf dem Etikett genannt sein müssen.

Europäische Biotech-Firmen hoffen, dass nun die Zulassungsverfahren für neue Genpflanzen in der EU wieder anlaufen, die seit 1999 wegen der unklaren rechtlichen Situation praktisch auf Eis liegen. Zunächst muss aber das Europaparlament noch über die beiden Verordnungen abstimmen. Es hat bislang gefordert, dass bereits von einem Grenzwert von 0,5 Prozent an jede genveränderte Substanz auf dem Etikett auftauchen muss.

Sollte das Parlament den Kompromiss akzeptieren, könnten die Verordnungen bereits im Sommer in Kraft treten. Nach Überzeugung des Greenpeace-Experten Henning Strodthoff müsste sich dann auch der Handelsstreit mit den USA entspannen. Diese hatten mit einer Klage gedroht, weil der Zulassungsstopp für Genpflanzen ihrer Ansicht nach den freien Handel behindert. „Die USA wären schlecht beraten, den Beschluss vor der Welthandelsorganisation anzufechten“, sagte Strodthoff. „Die neue Regelung ist logisch, in sich stimmig und kommt den Interessen der Verbraucher entgegen.“ Künftig könne jeder Händler genetisch veränderte Substanzen in die EU importieren, wenn sie von der EU-Kommission zugelassen und auf dem Etikett gekennzeichnet seien.