: Die SPD ist Mäurer langsam leid
Rote und grüne Abgeordnete missbilligen die Äußerungen des Staatsrats, Henning Scherf und die CDU stehen ihm bei
Der „Angeklagte“ selbst war nicht anwesend, aber die Bürgerschaft nutzte gestern ihre „Aktuelle Stunde“, um sich der Causa Ulrich Mäurer anzunehmen. Der Justiz-Staatsrat war zum wiederholten Mal wegen umstrittener Äußerungen ins Gerede gekommen. In einem Zeitungsartikel hatte er eine Verbindung angedeutet zwischen der aktuellen Forderung von Bremer Richtern nach Selbstverwaltung und der Mitschuld der Justiz an der Zerstörung der Weimarer Republik.
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Hermann Kuhn, brandmarkte Mäurers Worte als „infam“, „ehrabschneidend“ und „ungeheurlich“. Mäurer müsse „vom Senator für Justiz in seine Schranken verwiesen werden“, forderte Kuhn in Richtung Henning Scherf. Der Bürgermeister indes hatte nur auf den Angriff seines alten Widersachers gewartet. Unwirsch warf Scherf dem Grünen vor, eine Auseinandersetzung „polemisch“ zu überhöhen. Mäurer habe „nicht im Entferntesten die Absicht gehabt“, heutige Richter mit Wegbereitern des Nationalsozialismus zu vergleichen. Auch sei es „keine besonders intelligente Form der politischen Auseinandersetzung, sich dafür einen politischen Beamten auszusuchen“, watschte Scherf Kuhn ab.
Thomas Röwekamp (CDU) warf Kuhn vor, „mit wahrheitswidrigen Behauptungen“ einen Keil zwischen die SPD-Fraktion und den Regierungschef treiben zu wollen: „So lange es eine Große Koalition in Bremen gibt, glaube ich fest daran, dass Mäurer Staatsrat bleibt. Bei einer rot-grünen Regierung mit einem Justizsenator Kuhn sähe ich für Mäurer aber schwarz“, witzelte Röwekamp – wofür der CDU-Mann von Scherf mit einem breiten Grinsen belohnt wurde.
SPD-Redner Horst Isola stimmte dem Staatsrat zwar insoweit zu, dass der Wunsch von Richtern nach personeller Selbstverwaltung „falsch und vordemokratisch“ sei, stellte aber klar, dass sich die SPD-Fraktion den Mäurer-Vergleich nicht zu eigen mache. Isola zeigte Mäurer deutlich die dunkelgelbe Karte: „Wir sind es allmählich leid, dass ein Beamter sich in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stellt“. Das Justizressort habe genügend Probleme zu lösen: „Lösen Sie die und schaffen Sie nicht neue.“ jox
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