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zahl der wocheImmer weniger Unternehmen trauen sich an die Börse

Hoffnung aus und vorbei

Das letzte Debüt Ende September war nur der traurige Höhepunkt: Noch Wochen, nachdem der Berliner Finanzdienstleister trading-house.net AG im Frankfurter Freiverkehr an die Börse gegangen war, kam kein einziger Xetra-Kurs zustande – zu weit lagen die Angebote von Käufern und Verkäufer auseinander. Vorstand Rafael Müller, der mehr als die Hälfte der Aktien hält, rang die Hände. So könne „es definitiv nicht weitergehen“. Am Freitag notierte die Aktie bei 9,40 Euro – und hatte so rund drei Viertel ihres Ausgabekurses von 35 Euro verloren.

Damit lag das erste Day-Trading-Center in Deutschland im Rahmen der anderen Börsengänge dieses Jahres: Gerade mal sechs inländische Unternehmen versuchten überhaupt, auf diese Weise Geld zu akquirieren. Und das nicht sehr erfolgreich: Mit rund 250 Millionen Euro kam nicht mal ein Zehntel der Vorjahressumme von 2,69 Milliarden und nicht mal ein Prozent der 26,56 Milliarden des Boomjahres 2000 zusammen – damals gingen aber auch 21 beziehungsweise 139 Unternehmen an den Start. Mehr Neulinge gab es nur 2001 – 153, die aber nur 10,47 Milliarden Euro einnahmen.

Mit Abstand am besten weg kam 2002 die Immobiliengesellschaft AIG International Real Estate, die mit einem Emissionsvolumen von 107 Millionen Euro den größten Börsengang hinlegte. Gegenüber dem Ausgabekurs von 29 Euro hat sich die Aktie mit 28,90 Euro knapp gehalten.

Allen anderen ging es wesentlich schlechter. Dabei war der Windenergiespezialist Repower Systems im März ganz gut gestartet. Ein „erfolgreiches Debüt“, jubelten die Analysten, als der Wert am ersten Handelstag von 41 auf 44 Euro stieg. Sie nahmen es als „gutes Zeichen“ dafür, dass der Neue Markt seine Krise überwunden habe. Weit gefehlt: Repower sollte das einzige Unternehmen bleiben, das sich überhaupt an das Segment wagte, das 2001 noch für jeden zweiten Börsenneuling das Ziel gewesen war. Obwohl Repower im November sogar in den Index Nemax 50 aufgenommen wurde, hat die Aktie 30 Prozent an Wert verloren.

Die anderen Börsengänge begannen weniger verheißungsvoll. Die Aktie der Immobilienholding Uniprof Real Estate schloss am ersten Tag 10 Prozent unter dem Ausgabekurs von 6 Euro und rutscht seitdem beharrlich weiter. Inzwischen gehört sie mit einem Minus von mehr als 85 Prozent zu den Pennystocks. Dort landete auch die Venture Capital Gesellschaft VCH, die ihre Aktien allerdings auch nur zu einem Preis von 1,10 Euro ausgegeben hatte. Das Papier der letzten im Bunde, der Solarfabrik AG, verlor binnen fünf Monaten mehr als drei Viertel seines ursprünglichen Werts von 8 Euro. BEATE WILLMS

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