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Krasser denn je

„Herrchens Frauchen“ und Freunde geben heute im Tivoli ein Benefizkonzert für jugendliche Flüchtlinge

Ins siebte Jahr gehen die Aktivitäten der Kabarettisten Lisa Politt und Gunter Schmidt (alias Herrchens Frauchen) zugunsten von jugendlichen unbegleiteten Flüchtlingen. Bühnenseitige Unterstützung erhalten sie auch diesmal: von Stefan Gwildis und Rolf Claussen etwa, der Prinzessin von Barmbek, Andrea Bongers, Jo Jacobs (MäGäDäM), dem singenden Geschichtenerzähler Eddy Winkelmann sowie von Thomas Ebermann und Rainer Trampert, die zurzeit in der Republik unterwegs sind und gewohnt scharfzüngig aus Sachzwang und Gemüt lesen.

Die Gründe für das Benefiz sind krasser denn je: Jugendliche Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten kommen, meist traumatisiert, ohne Eltern und Verwandte in Hamburg an. Hier geraten sie an eine auf Abwehr gepolte Asylmaschinerie: Mit dubiosen Verfahren der Altersbestimmung wird behördlich und medizinisch versucht, die Jugendlichen älter als 16 Jahre zu deklarieren. Dann kann Schills Behörde sie in andere Bundesländer „umverteilen“.

Doch selbst wenn es ihnen gelingt in Hamburg zu bleiben, sind ihre Lebensumstände kaum reizvoll: Mit 210 Euro monatlich bekommen die Flüchtlings-Kids eine reduzierte Sozialhilfe. „Ab Mitte des Monats leben viele nur von Reis und Grieß“, sagt Ines Karrenbauer, Sozialpädagogin bei den AWO-Jugendwohnungen, wo die Jugendlichen untergebracht sind. Zwar erhalten sie eine rudimentäre Schulausbildung, haben aber kaum Chancen auf eine Berufsausbildung.

Der heutige Abend im Tivoli steht unter dem Motto „Ein Stück in ihren Schuhen“. Das wird umgesetzt, indem die Beteiligten sich im Julklapp-Verfahren gegenseitig auslosen und dann ein Stück des anderen präsentieren. Wir können uns also auf Lisa Politt an Eddy Winkelmanns E-Gitarre einrichten. Das kann hart werden.

Trampert und Ebermann, als Querulanten bekannt, verweigern sich leider diesem reizvollen Spielchen. Dabei wäre das Tivoli vermutlich dreimal ausverkauft, würden die beiden Bühnen-Minimalisten sich mit Liedgut präsentieren. Aber Trampert und Ebermann singen nicht! Dirk Seifert

heute, 20 Uhr, Schmidts Tivoli

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