: Unheiliger Abend
Notwehr, Tötung auf der Flucht oder Unglück im Affekt? Polizist erschießt am Dienstag einen mutmaßlichen Einbrecher in Uhlenhorst. Die Kugel trifft den 25-Jährigen in den Rücken
von KAI VON APPEN
Notwehr – wie der Beamte angibt? Auf der Flucht in den Rücken geschossen – wie es die Indizien nahelegen? Oder ein Unglück im Affekt? Ein Polizist hat am Heiligabend einen mutmaßlichen 25-jährigen Einbrecher durch eine Kugel in den Rücken tödlich verletzt. Die Mordkommission ermittelt.
Der mutmaßliche Tathergang am Uhlenhorster Weg: AnwohnerInnen bemerken gegen 18.30 Uhr in einer Wohnung im zweiten Stock des gegenüberliegenden Mietshauses Einbrecher. Sie alarmieren die Polizei. Mehrere Funkstreifenwagen setzten sich in Bewegung zum Einsatzort. Als erstes treffen der 42-jährige Beamte und ein Kollege ein. Während sein Kollege vor dem Haus stehen bleibt, um das Eintreffen weiterer Streifen oder eine mögliche Fahndung zu koordinieren, betritt der ranghöhere Beamte das Treppenhaus.
Was dann passiert, werden die Ermittlungen noch zu klären haben. Die Polizei schildert es so: Im ersten Stock trifft der Beamte auf drei Personen, die aus der Wohnung im zweiten Stock kommen. Da sie nach seinem Eindruck bewaffnet sind, gibt er einen Schuss ab. Das Trio zeigt sich nicht beeindruckt und springt aus dem Fenster. Polizeibeamte finden nach 50 Metern im Schrötteringksweg den blutüberströmten 25-Jährigen. Neben ihm liegt ein großer Schraubenzieher, aber keine Schusswaffe. Der Notarzt kann nur noch den Tod feststellen.
Eine Obduktion im Rechtsmedizinischen Institut ergab am 1. Weihnachtstag, dass der Mann durch eine Schusswunde im Rücken getötet worden ist. Die Polizei dementiert erste Meldungen, wonach der Beamte geschossen habe, als die Männer schon durchs Fenster sprangen und durch den Hof flohen. Sprecher Ralf Kunz: „Das Aufeinandertreffen war im Treppenhaus.“ Ob es sich bei dem Geschoss im Rücken womöglich um einen Querschläger gehandelt habe, müsse die heute abgeschlossene Spurenauswertung zeigen. Kunz räumt ein, dass der Tathergang bislang viele Fragen offen lässt: „Das will ich nicht beschönigen, aber der Beamte ist einfach nicht vernehmungsfähig und die Mittäter sind flüchtig, die können uns nicht sagen, wie es war.“
Es ist bereits der dritte Zwischenfall dieser Art in diesem Jahr. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Beamter des Mobilen Einsatzkommandos in Altona auf einen Unbewaffneten geschossen und ihn lebensgefährlich verletzt. Im Juli wurde ein Mann in Altona auf der Brüstung eines Parkdeckes so von einer Polizeikugel getroffen, dass er hinunterstürzte und starb.
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