Parteien in der Achterbahn

Am Ende des politischen Jahres steht CDU-Bürgermeister Ole von Beust als Gewinner da. Pannen und Peinlichkeiten überlässt er seinen SenatorInnen. SPD und GAL müssen nach den Erfolgen bei der Bundestagswahl personell noch einmal neu anfangen

von PETER AHRENS

Der Triumph war nur von kurzer Dauer: Ende September schienen die Verhältnisse in Hamburg wieder zurechtgerückt. SPD und GAL hatten bei der Bundestagswahl ein phänomenal gutes Ergebnis erreicht, die Senatsparteien CDU, FDP und Schill dagegen ein Desaster erlebt. Alle drei Rechtsparteien hatten mit gemeinsam 39 Prozent weniger Zweitstimmen auf sich vereinigt als die SPD allein, die 42 Prozent erreichte. SPD-Landeschef Olaf Scholz konnte zufrieden darauf hinweisen, dass „Hamburg eine sozialdemokratische Stadt“ sei, und die GAL jubelte über das mit 16 Prozent beste Bundestagsergebnis, das je ein Landesverband in der Geschichte der Partei erzielt hatte. Drei Monate später stand die SPD-Fraktion vor einem Scherbenhaufen, Rot-Grün bundesweit im Mega-Tief, und CDU-Bürgermeister Ole von Beust konnte selbstzufrieden in den Weihnachtsurlaub entschwinden: Spiegelbild eines politischen Jahres, in dem es für die Parteien wie in der Achterbahn rauf und runter ging.

Konstant blieb über die Monate an sich nur die Rolle des Bürgermeisters. Ole von Beust ist der politische Gewinner des Jahres. Taktisch kaltschnäuzig, mit Gespür für politische Windrichtungen hat er es sogar in Kauf genommen, dass Figuren aus seinem Senat nachgerade demontiert wurden, um selbst keinen Schaden zu nehmen. Den überforderten Schulsenator Rudolf Lange ließ von Beust über Wochen im Regen stehen, bis niemand den FDP-Konteradmiral mehr ernst nahm. Innensenator Ronald Schill gewährte er die Rolle des Bad Guy für die Medien und billigte dafür der FDP zu, Schill in Maßen zu kritisieren, damit auch die so genannten Liberalen, wie erwartet blässlich und beliebig in der Koalition, ihr Pläsierchen erhielten.

Und wenn es brenzlig wurde und die Kritik an der Senatspolitik überhand nahm, inszenierte der Bürgermeister nach Tagen des Schweigens ein Machtwort, und Beifall von allen Seiten war ihm gewiss. So agierte er bei der Debatte um das verschärfte Verfassungsschutzgesetz, so bei der ausländerfeindlichen Schill-Rede im Bundestag, so bei Langes Vergaloppieren bei der Lehrerarbeitszeit.

Die Opposition tat sich dagegen schwer, durchzustoßen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Grund traf vor allem in den Bürgerschaftssitzungen selten den richtigen Ton, holte sich regelmäßig verbale Watschen des Bürgermeisters ab und trat zum Jahresende entnervt von der Bühne ab. Landeschef Olaf Scholz gerierte sich vor allem in der ersten Jahreshälfte noch als geschickter Strippenzieher und hatte damit erheblichen Anteil daran, dass die SPD zur Bundestagswahl so gut dastand. Doch dann folgte er seinen lang gehegten Wünschen nach großer politischer Karriere und steckt seitdem in schwerem Fahrwasser in Berlin. Um Hamburg kann er sich nur noch wenig kümmern.

Die GAL hat erst in den vergangenen Wochen personelle Gestalt als Oppositionspartei angenommen. Erst starb die Landesvorsitzende Kristin Heyne, dann verließen Heynes Nachfolgerin Anja Hajduk und die bekannteste Hamburger Grüne, Krista Sager, die Bürgerschaft in Richtung Berlin, und Ex-Umweltsenator Alexander Porschke verabschiedete sich in die Wirtschaft. Die neue Fraktionsspitze, Christa Goetsch und Willfried Maier, hat die erste Bewährungsprobe, die Haushaltsdebatte im Dezember, zumindest ganz ordentlich bestritten.