Protest in Garzweiler: Tagebau von Presse befreit

Weil RWE das so wünschte, behinderte die Polizei die Berichterstattung über die Braunkohleproteste. Medien beschweren sich beim Land.

Polizisten schleifen einen Demonstranten weg

Pressebegleitung unerwünscht: Festnahme eines Aktivisten im Tagebau Garzweiler. Foto: dpa

Knapp 1.000 Menschen hatten am Samstag den Tagebau Garzweiler bei Köln besetzt, um gegen Braunkohleabbau zu demonstrieren. Nach dem Polizeieinsatz vor Ort haben nun mehrere Medien Beschwerde gegen die Behinderung ihrer Arbeit eingelegt. Während die Blockade noch in vollem Gang war und die Räumung vorbereitet wurde, hatte die Polizei JournalistInnen unter Verweis auf das Hausrecht des Tagebaubetreibers RWE vom Ort des Geschehens entfernen lassen – darunter auch den Autor dieses Artikels.

Anderen erging es noch deutlich schlechter: Eine Reporterin, die für die Tageszeitung Neues Deutschland und das Online-Magazin klimaretter.info schreibt, wurde nach eigenen Angaben im Tagebau ohne erkennbaren Grund aus nächster Nähe mit Pfefferspray besprüht und konnte ihre Arbeit nicht fortsetzen.

Eine Redakteurin der dänischen Tageszeitung Dagbladet Information musste – trotz umgehängten Presseausweises – über mehrere Stunden gefesselt in einem Polizeikessel ausharren. Ihr Chefredakteur habe deswegen beim dänischen Außenministerium interveniert, das sich dann an die deutschen Behörden gewandt habe, berichtete sie.

Wegen der Behandlung der Medien hat taz-Chefredakteur Andreas Rüttenauer beim nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger (SPD) Protest eingelegt und eine Stellungnahme eingefordert. „Ich halte es für skandalös, dass die Polizei als Handlanger von RWE die Presse an einer freien Berichterstattung gehindert hat“, schreibt Rüttenauer (hier als pdf).

Das Neue Deutschland und Klimaretter.info haben sich ebenfalls offiziell beim Innenministerium beschwert. „Wir müssen diesen Vorfall als Angriff auf die Pressefreiheit werten“, schreiben sie zur Pfefferspray-Attacke auf ihre Mitarbeiterin.

Auch DJU hält Vorgehen für inakzeptabel

Auch die Journalistengewerkschaft DJU innerhalb von Verdi übt scharfe Kritik. Weil die Protestaktionen „von öffentlichem Interesse“ gewesen seien, habe es einen „Anlass zur Berichterstattung“ gegeben, sagte Geschäftsführerin Cornelia Haß der taz. „Die Polizei hat Journalistinnen und Journalisten allerdings in ihrer Arbeit behindert, statt diese zu schützen.“

Dieser Eingriff in die Pressefreiheit sei inakzeptabel. „Es ist nun Aufgabe des nordrhein-westfälischen Innenministers, diese Vorgänge lückenlos aufzuklären und gegebenenfalls personelle Konsequenzen zu ziehen“, sagte die DJU-Geschäftsführerin. Auch die Grünen, die in Nordrhein-Westfalen zusammen mit der SPD regieren, fordern eine „ausführliche Auswertung des Demonstrationsgeschehens“, sagte die Landesvorsitzende Mona Neubaur.

Der Stromkonzern RWE hatte bereits im Vorfeld JournalistInnen davor gewarnt, im Rahmen der geplanten Protestaktionen den Braunkohletagebau zu betreten; anderenfalls müssten auch MedienvertreterInnen mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs rechnen. Ob diese Drohung nun auch umgesetzt wird, ist offen. „Die Einleitung von Strafverfahren gegen Pressevertreter wird derzeit noch geprüft“, sagte RWE-Sprecher Guido Steffen am Dienstag. Während die RWE-Mitarbeiter vor Ort ebenso wie das Unternehmen im Vorfeld stets mit dem Hausrecht argumentiert hatten, begründet Steffen die Entfernung der MedienvertreterInnen aus dem Tagebau nun mit Sicherheitserwägungen.

Mit der öffentlich angekündigten Besetzung des Tagebaus wollten die AktivistInnen gegen Landschaftszerstörung und Klimagefährdung protestieren, die von der Braunkohle ausgeht. Die Polizei berichtete anschließend von 36 Verletzten und 797 eingeleiteten Strafverfahren, überwiegend wegen Hausfriedensbruchs.

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