Kommentar Krim-Anschluss an Russland: Putin lässt Fakten schaffen
Wladimir Putin forciert den Anschluss der Krim an Russland. Dass er damit Völkerrecht bricht, ist ihm egal, Hauptsache das Ergebnis stimmt.
M oskau hat es sehr eilig, vollendete Tatsachen zu schaffen. Das Referendum über die staatliche Zugehörigkeit der Halbinsel Krim wurde nun schon zum zweiten Mal vorgezogen und soll nun am 16. März stattfinden. Russlands Präsident Wladimir Putin kennt keine Skrupel. Letztlich ist es auch egal, ob das Völkerrecht am 16. oder 30. März gebrochen wird.
Die Annexion ist ohnehin längst gelaufen. Die Scheinlegitimität eines Volksentscheids ist allerdings nützlich, um mögliche Bedenkenträger im Innern zu beruhigen.
Volkswille gegen Recht? Da ist klar, was zählt. Das Ergebnis steht ohnehin fest. Selbst wenn es Zweifler gäbe, würden die Bajonette der befreienden Besatzungsmacht nachhelfen. Eine Schmach der Zurückweisung kann sich der Befreier aus innenpolitischen Erwägungen nicht erlauben.
Je eher der Anschluss, desto schneller kann sich Putin als Dialogpartner den europäischen Wünschen einer Kontaktgruppe öffnen. Natürlich gefällt ihm die Rolle des Paria nicht.
Die Überraschung sei groß gewesen, heuchelt Moskau, als das Krimparlament gestern für die Zugehörigkeit zu Russland stimmte. Die Inszenierung ist abstoßend, Volksvertreter werden zu Schmierenkomödianten. Das Volk hat Besseres als diese Würdelosigkeit verdient.
Die Schlüsselfigur auf der Krim, der neue Ministerpräsident Sergei Axjonow, hatte bei den letzten Wahlen gerade mal 3 Prozent aller Stimmen erhalten. Auch ein eilig der Duma vorgelegtes Gesetz, das den Anschluss fremden Territoriums erlaubt, spricht für eine lang vorbereitete Operation. Putin setzt hemmungslos Millionen Auslandsrussen dem Verdacht aus, Vortruppen des Kreml zu sein. Inzwischen reicht, um befreit zu werden, ja schon die Russischsprachigkeit.
Dass die Angliederung der Krim an Russland mit dem Verlust der Autonomie einhergeht, wird der Bevölkerung erst später klar werden. Selbstständigkeit und eigenen Willen duldet der Kreml im russischen Staatsverband nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss