Exklusive taz-Umfrage: Mehrheit gegen Stuttgart 21
54 Prozent der Baden-Württemberger lehnen das Bahnprojekt inzwischen ab. Das ergibt eine Umfrage im Auftrag der taz und „Kontext“.
STUTTGART taz | Die Stimmung in Baden-Württemberg kippt. 54 Prozent der Wahlberechtigten lehnen das Bahn- und Immobilienprojekt Stuttgart 21 inzwischen ab. Nur noch 39 Prozent befürworten es. So lautet das Ergebnis einer aktuellen TNS-Emnid-Umfrage, die die Kontext:Wochenzeitung und die taz in Auftrag gegeben haben. Bei der Volksabstimmung im November 2011 stimmten dagegen noch 59 Prozent für den unterirdischen Durchgangsbahnhof und 41 Prozent dagegen. Damit hat sich das Verhältnis innerhalb von gut einem Jahr ins Gegenteil verkehrt.
Auffallend hoch ist die Kritik der Frauen an der geplanten achtgleisigen Tunnelstation. 61 Prozent sprechen sich dagegen aus und fordern den Weiterbetrieb und die Modernisierung des bestehenden Kopfbahnhofs. Nur ein Drittel der Frauen wünschen sich Stuttgart 21.
Die mehrheitlich ablehnende Haltung gegenüber dem Projekt gilt für alle Bildungsschichten und fast alle Altersgruppen. Unter den Anhängern der drei großen Parteien gibt es mit 65 Prozent nur im Lager der Christdemokraten eine eindeutige Mehrheit für S 21.
TNS Emnid wollte auch wissen, wer die voraussichtlichen zusätzlichen Kosten in Höhe von 2,3 Milliarden Euro für das Bahnprojekt für den Fall übernehmen soll, dass Stuttgart 21 gebaut wird. Finanziert sind bis heute nur 4,5 Milliarden Euro. Doch das Projekt soll nach Angaben des Bahn-Vorstandes bis zu 6,8 Milliarden Euro kosten.
Die Bahn solle die zusätzlichen Milliarden selbst aufbringen, sagen 55 Prozent der Befragten. Diese Meinung vertreten auch 38 Prozent der CDU-Anhänger. Die Mehrheit der Bevölkerung unterstützt damit die Position der grün-roten Landesregierung und der Stadt Stuttgart, die weitere Subventionen für S 21 ablehnen. Nur 39 Prozent der Baden-Württemberger sprechen sich für den Vorschlag der Bahn aus, dass die Stadt und die Region Stuttgart sowie das Land Baden-Württemberg und die Deutsche Bahn AG die zusätzlichen Kosten gemeinsam übernehmen sollen.
Öffentliche Wahrnehmung
Laut Umfrage gibt es kaum Meinungsunterschiede zwischen den Stuttgartern und den Baden-Württembergern im Rest des Landes. Das Gleiche gilt für die Teilnehmer an der Volksabstimmung vom 27. November 2011 und diejenigen, die damals zu Hause blieben.
Bei der Volksabstimmung am 27. November 2011 wurde danach gefragt, ob Baden-Württemberg versuchen soll, aus der Finanzierung von Stuttgart 21 auszusteigen. Das Ergebnis wurde in der öffentlichen Wahrnehmung als Zustimmung zum Projekt gewertet. Die TNS-Emnid-Umfrage fragte nach den beiden Alternativen oberirdischer Kopfbahnhof oder unterirdischer Tiefbahnhof (S 21).
Die Frage lautete: „Statt 4,5 Milliarden Euro soll das Bahnprojekt Stuttgart 21 nach Angaben der Deutschen Bahn AG jetzt 6,8 Milliarden Euro kosten. Was ist Ihrer Ansicht nach sinnvoller? Der Weiterbetrieb und die Modernisierung des Kopfbahnhofs oder der Bau von Stuttgart 21?“
Im Gegensatz zur Volksabstimmung enthält die aktuelle Umfrage neben den Antworten pro S 21 und pro Kopfbahnhof auch sonstige Antworten: „Weder noch“, „Weiß nicht“ oder „Mache keine Angaben“.
TNS Emnid hat insgesamt 1.500 zufällig ausgewählte Männer und Frauen befragt, 750 in der Landeshauptstadt Stuttgart und 750 im Rest des Bundeslandes. Der Befragungszeitraum: 18. bis 20. Februar. In der Auswertung für ganz Baden-Württemberg hat TNS Emnid den Anteil der in Stuttgart durchgeführten Interviews auf den tatsächlichen Anteil Stuttgarts an der Bevölkerung des Bundeslands proportional gewichtet.
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