piwik no script img

zurück in die zukunft

Zukunftsbilder der Vergangenheit und was man aus ihnen lernen kann, erkunden wir hier in jeder Ausgabe. Diesmal eine Illustration aus dem „Judge Magazine „ von 1895 Foto: Archiv

Die ganze Stadt scheint in einen riesigen Hochhauskomplex gepresst zu sein. Geschäfte, ein Museum, ein Krankenhaus und sogar ein Rathaus: All das und mehr entdeckt man in der Zeichnung von Grant E. Hamilton aus dem Jahr 1895 für das US-Magazin „Judge“. In amerikanischen Metropolen wie New York oder Chicago erlaubten neue Stahl­gerüste im späten 19. Jahrhundert den Bau der ersten Wol­ken­kratzer. Mit ihnen wuchs das Leben in die Vertikale. Für viele Zeitgenossen re­präsentierten die ­sogenannten Sky­scraper die scheinbar grenzenlosen Ambi­tionen einer selbst­bewussten Moderne, während andere in ihnen die neuen Türme zu Babel sahen, mit denen die Menschheit ihre Hybris zur Schau stellte. „What we are coming to“ („Was aus uns wird“) – auch der Titel von Hamiltons Illustration bewegt sich irgendwo zwischen Faszination und Skepsis. Mit dem Bevölkerungswachstum und dem Aufkeimen des ökologischen Bewusstseins Mitte des 20. Jahrhunderts erkannte man schließlich die Vorzüge des Bauens in die Höhe: Lebt die Menschheit zersiedelt in Einfamilienhäusern, trotzt sie der Natur viel Raum ab. Ein Leben in der Vertikale hingegen spart Ressourcen und schafft Platz, den die Natur zurückerobern kann. Der Architekt Paolo Soleri erfand für diese Idee des umweltgerechten Bauens 1969 den Begriff „Arkologie“, eine Mischung aus Architektur und Ökologie. Viele der ambitionierten arkologischen Stadtkomplexe wurden jedoch nie verwirklicht. Eine realistische Blaupause dafür ist natürlich auch Hamiltons Zeichnung nicht. Aber mit seiner Bahn einmal rund um die Stadt fahren würde man dennoch gern. Leon Holly

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen