zahl der woche: Vegetarier verklagen McDonald’s
Die große Pommes-Lüge
So ziemlich jeder, der was auf sich hält, hat schon mal gegen McDonald’s gekämpft: Umweltschützer (gegen Rinder auf Regenwaldböden!), Globalisierungsgegner (gegen den globalen Einheitsgeschmack!), Ernährungswissenschaftler (gegen den Fettquickie!). Nun zerren drei Vegetarier aus den USA den Fastfood-Konzern vor Gericht. Nicht etwa wegen der Millionen Rinder, die in die Burger wandern, sondern wegen der Pommes-Lüge.
Denn Pommes frites, meint der unbedarfte Feinschmecker, sind vegetarisch. Gemeuchelt werden für das Rezept nur Kartoffeln. Aber das ist zu kurz gedacht. Denn als „natürlicher Geschmack“ wird den Pommes ein Extrakt beigemischt, der aus Rind gewonnen wird. McDonald’s wirbt damit, die Pommes würden in „reinem Gemüseöl“ zubereitet. Wer allerdings hartnäckig nachfrage, behauptet ein Konzernsprecher, erfahre, dass auch für die Pommes Rinder verwendet werden.
Das haben die drei Kläger aber nicht getan. Zwei von ihnen sind Hindus, die eine bisher ungenannte Summe Schadenersatz für ihren „emotionalen Schaden“ verlangen, weil ihre Religion ihnen das Essen von Fleisch verbietet. Inzwischen, so ihr Anwalt Harish Bharti, hätten „hunderte von Vegetariern“, die sich der Klage anschließen wollen, in seiner Kanzlei angerufen. Neben der Erschütterung der fleischlosen Seelen durch die unerkannte Fleischernährung spielt bei vielen dieser potenziellen Klägern sicher auch Appetit auf eine saftige Entschädigung eine Rolle: US-Gerichte sind traditionell nicht zimperlich, wenn es um Entschädigungen geht, die große Konzerne an ahnungslose Kunden zu zahlen haben.
Den Ärger hätte sich der Burgerbrater sparen können, wenn er einfach „Rinderextrakt“ statt „natürlicher Geschmack“ angegeben hätte. Das werde nun untersucht, versicherte ein McDonald’s-Sprecher. Im Übrigen bleibt immer noch die Lösung, die der Global Player McDonald’s für seine Filialen in Indien gefunden hat: Dort gibt es statt heiliger Kühe Lammfleisch im „Maharaja Mac“. Und die Pommes werden einfach ohne Rinderextrakt frittiert.
BERNHARD PÖTTER
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