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zahl der wocheEichel: Stabilitätspakt soll flexibler werden

Sparen ist schwierig

Die Stadt Riga liegt drei Flugstunden von Berlin entfernt. So viel Abstand brauchte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), um das anzudeuten, was ihm in der deutschen Hauptstadt schon seit Wochen so mancher aus der Nase kitzeln wollte: Der Umgang mit dem Europäischen Stabilitätspakt müsse flexibler gehandhabt werden – mit jenem Pakt also, der den Euroländern ihre finanzpolitischen Ziele vorschreibt. Dazu gehört, dass die Neuverschuldung für den Jahreshaushalt die 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten darf. Der Pakt entstand 1992 in Maastricht. Mittlerweile haben die Euroländer konkrete Sparprogramme entworfen und sich bei der EU-Kommission auf Etappenziele selbst verpflichtet. So muss die Bundesregierung in diesem Jahr ihre Neuverschuldung auf 1,5 Prozent herunterfahren. Dieses Ziel revidierte sie zwar bereits auf 1,7 Prozent – doch dabei sollte es endgültig bleiben.

Nun wird gemunkelt, Deutschland könne sein Ziel nicht einhalten. Bis jetzt hat Mister Spar, den der Bundeskanzler auch „Glücksfall“ nennt, das natürlich vehement abgestritten. Forderungen von Konjunkturexperten wie dem Vorsitzenden des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, Eichel solle die Wiederbelebung der schwachen Wirtschaft wichtiger sein als sein Sparprogramm, schienen an ihm abzuprallen. Sein Job sei der Haushalt, nicht die Konjunktur. Es bleibe bei der geplanten Neuverschuldung von 43,62 Milliarden Mark in diesem Jahr und rund 41 Milliarden Mark 2002.

Von solchen Beteuerungen unbeeindruckt, fürchtet die EU-Kommission, die Kosten von BSE und Maul- und Klauenseuche könnten den Minister ins Schleudern bringen. Das Münchner Ifo-Institut geht von einer höheren Neuverschuldung aus, die Bundesbank sieht „Risiken“. Schließlich stammt das selbst gesteckte Ziel aus einer Zeit, als man von einem höheren Wachstum ausging. Wächst die Wirtschaft weniger stark, fließen dem Finanzminister weniger Steuern zu. Und steigt die Zahl der Arbeitslosen, bedeutet das für Eichel höhere Kosten.

Dies scheint auch Eichel nun einzusehen. In Riga sagte er: „Sie können einen Staatshaushalt planen, was die Ausgabeseite betrifft, die Einnahmeseite können Sie aber nicht planen.“ Übrigens dementierte das Finanzministerium sofort: Nein, Eichel wolle den Stabilitätspakt nicht lockern. Es handle sich um eine „Fehlinterpretation“. KATHARINA KOUFEN

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