piwik no script img

zahl der wocheUS-Regierung zwingt Bayer zu Preissenkung

Patentschutz gilt nur gegen arme Länder

„Warum hassen uns machen Menschen so?“ ist eine Frage, die seit den Terrorangriffen von New York und Washington in den USA oft gestellt wird. Vielleicht deshalb, weil die USA ihre ökonomische Supermacht einsetzen, um globale Regeln für das Wirtschaftsleben durchzusetzen, die vor allem ihnen nutzen – und diese aushebeln, wenn sie den USA schaden.

So hat die US-Regierung den deutschen Pharmakonzern Bayer gezwungen, ihr 100 Millionen Tabletten des Milzbrand-Medikaments Ciprobay für 95 Cent pro Pille zu verkaufen, die nächste Lieferung von 100 Millionen für nur noch 85 und eine mögliche dritte Lieferung für 75 Cents. Der Normalpreis einer Tablette: 1,77 Dollar. Falls Bayer den Preis nicht senkt, will die US-Regierung Bayers Patentrechte an Ciprobay verletzen und US-Firmen mit der Produktion billiger kopierter Medikamente („Generika“) beauftragen. Genau das aber haben die USA bei armen Ländern immer scharf kritisiert: Als etwa Brasilien ankündigte, die Patenrechte von US-Pharmafirmen für teure Aidspräparate zu missachten, verklagte die US-Regierung Brasilien vor der WTO wegen Verstoßes gegen die Urheberrechte, zog die Klage aber später zurück. Auch bei einem Prozess gegen Südafrika, das den Import von billigen Aids-Generika aus Indien erlaubt, erklärten sich die USA zum Schutzengel des internationalen Patentrechts und damit der Gewinne der meist US-amerikanischen Konzerne. Während die armen Länder klagten, die Medikamente seien zu teuer, um mit ihnen Millionen Aidskranke zu behandeln, warnen Pharmamultis und US-Regierung, ohne die Gewinne gäbe es keine teure Forschung mehr. Bei Ciprobay ist die Lage offensichtlich anders: Betroffen ist nicht irgendein armes Land, sondern die USA. Und den Profit macht nicht ein US-Unternehmen, sondern ein deutscher Konzern.

Kritik an dem Ciprobay-Deal gab es von Verbraucherschützern und Aids-Aktivisten in den USA. Die Regierung hätte sofort die Produktion von Generika beginnen sollen, ohne sich um Bayers Patentrechte zu kümmern, erklärte die Organisation „Health Gap“. Doch die habe Angst vor einem Präzedenzfall und wolle zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: „Die Pharmamultis glücklich machen und arme Länder weiter abblocken.“ Bayer allerdings macht gute Miene zum Gewinnverlust. Man unterstütze die USA „vollständig im Krieg gegen Bioterrorismus“, erklärte Unternehmenschef Helge Wehmeyer.

Wie dankbar die Amerikaner dafür sind, wird sich zeigen. Gerade bereiten US-Anwälte eine Klage gegen Bayer vor. Der Konzern soll illegal an dem Monopol verdienen und seit 1997 zwei US-Firmen dafür bezahlen, keine billigen Ciprobay-Generika zu produzieren.

BERNHARD PÖTTER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen