wortwechsel: Zwischen Klimakleber und Atomausstieg
Der Atomausstieg ist gelungen, mit steigenden Kosten der Energieversorgung müssen wir umgehen lernen. Letzte Generation will Gesellschaft zu eigener Weltanschauung zwingen
Freude in Grenzen
„Ein Festtag, trotzdem“,
wochentaz vom 15.–21. 4. 23
Das Zeitalter der Kernenergie ist zu Ende, doch die Umschaltgeschwindigkeit zur Transformation der deutschen Industrie auf grünen Wasserstoff in der Energieversorgung ist zu langsam, sind die Großanlagen doch nur auf dem Reißbrett zu sehen. LNG-Gas aus der ganzen Welt und der Bau von Terminals verschlingen Milliarden Euro. Die Freude hält sich Grenzen, teure Erdwärme – Heizsysteme und Umbaukosten können eine Summe von 100.000 Euro erreichen. Die gesamten täglichen Lebenshaltungskosten steigen ebenso. Der seit Jahrzehnten erarbeitete Wohlstand schmilzt in kürzester Zeit dahin, das Ersparte ebenso.
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
Atomlobby
„Wahlkampf mit Atomkraft“,
wochentaz vom 15.–21. 4. 23
Game over, der atomare Ofen ist aus. Und das ist gut so. Zu lange hat die unselige Kernenergie die Gesellschaft gespalten. Eine Tod bringende Energiequelle, wie wir aus den Erfahrungen mit Tschernobyl und Fukushima wissen, von den zahlreichen Beinahe-GAUs sei hier gar nicht erst die Rede. Nach wie vor fehlt in Deutschland ein Endlager für die über 1.000 Castoren in denen die hochradioaktiven Abfälle vor sich hin strahlen und noch in Tausenden von Jahren die Folgegenerationen gefährden. Besonders der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Söder läuft hier mit seiner Zuarbeit für die Pro-Atom-Lobby nach wie vor zu schauriger Bestform auf. Claus Reis, Schwabach in Franken
Kosten ignoriert
„Wahlkampf mit Atomkraft“,
wochentaz vom 15.–21. 4. 23
Beim Atomstrom werden alle Kosten ignoriert, die aufgrund der Halbwertzeiten von zukünftigen 30.000 Generationen noch 100.000 Jahre (!) zu stemmen sind. Atomstrom wird im Nachhinein betrachtet der teuerste Strom gewesen sein, den sich unsere Generation und die gesamte Menschheit genehmigt hat, ohne auch nur ansatzweise die verursachten Kosten zu tragen. Aber auch wenn man diese Fakten aus ideologischen Gründen ignoriert, müssten CDU, CSU und FDP doch wahrnehmen, dass nicht Frankreich uns mit Atomstrom versorgt, sondern wir seit Jahren mit Stromlieferungen nach Frankreich die Blackouts in französischen Städten in Grenzen halten.
Kurt Lennartz, Aachen
Klimabewegung
„Stören“ oder „Organisieren“,
wochentaz vom 22.–28. 4. 23
Herr Müller spricht unter anderem von der „(…) Macht der Bewegung (…)“ und davon, „(…) die Landfrauen (…) zu (…)gesellschaftlicher Klarheit“ zu zwingen. Diese Ideologie führt geradewegs ins Verderben. Beispiele finden sich zuhauf in unseren Geschichtsbüchern. Es kann nur einen erfolgreichen Weg zu mehr Klimaschutz geben, und der führt durch die Parlamente. Demokratie ist allerdings viel anstrengender und verlangt mehr Ausdauer als Straßenblockaden.
Wer das bedauert, ist zu bedauern.
Klaus Teichert, Berlin
Klimakleber
„Stören“ oder „Organisieren“,
wochentaz vom 22.–28. 4. 23
Dass Autofahrer und Autofahrerinnen sauer über die Klimakleber sind, ist ja wohl verständlich. Dass sie das Problem sind, ist fraglich: Wie bitte sollen sie denn zur Arbeit kommen, wenn es keine verlässlichen Bahnen/Busse gibt? Als Alleinerziehende musste ich etliche Kilometer per Auto zurücklegen, um mein Kind in eine Ganztagsschule zu chauffieren. Also: Vorsicht bei Schuldzuweisungen!
Kreuzfahrten und Urlaubsflüge ans Ende der Welt sind eher zu vermeiden.
Christa Thomas, München
Konfrontation
„Stören“ oder „Organisieren“,
wochentaz vom 22. – 28. 4. 23
Wenn der Ansatz der Letzten Generation wirklich ist, die von den Aktionen Betroffenen de facto einer Art Konfrontationstherapie zu unterziehen, dann fühle ich mich an die Theorie der drei Ichs erinnert, die mit unterschiedlichen Anteilen unsere Persönlichkeit ausmachen: das Selbst-Ich, das Eltern-Ich und das Kind-Ich.
Adressatengerechte Ansprache auf Augenhöhe? Fehlanzeige. Begreifen des Unterschieds zwischen theoretischer Zustimmung zum Klimaschutz und praktischer Verweigerung einer Verhaltensänderung, wenn man seine Aktionen mit der breiten Zustimmung der Bevölkerung legitimiert? Konnte ich bisher nicht erkennen. In den letzten Tagen mussten wohl im Berliner Friedrichshain sogar Radfahrer absteigen und die auf dem Radweg angeklebten Menschen das Rad schiebend umrunden.
A. Richter, Berlin
Neuer Liberalismus
„Was ist eigentlich liberal, Herr Möllers“,
wochentaz vom 22.–28. 4. 23
Das Interview mit Herrn Möllers hat mich bis auf zwei oder drei Absätze sehr geärgert, weil der Liberalismus, spätestens seit den späten 1980er Jahre schon durch Neoliberalismus ersetzt wurde, mit seiner Asozialität, Privatisierung, absoluten Macht des Finanzsektors, und die Demokratie Stück für Stück kaputtmacht.
Die Analyse des Neoliberalismus wäre notwendig, denn Liberalismus war etwas ganz anderes und das haben wir in der BRD etwa in den 70er Jahren noch gelebt. Ich verstehe nicht, dass so ein Interview, das politisch danebenliegt und an der Lebensrealität völlig vorbeigeht, auf zwei Seiten und mit großem Porträt von Herrn Möllers in der taz erscheinen kann.
Alena Wagnerová, Saarbrücken
Sozialliberal?
„Was ist eigentlich liberal, Herr Möllers“,
wochentaz vom 22.–28. 4. 23
Die FDP ist eine marktradikale und (rechts-)populistische Partei (geworden). Ich sehe nicht, dass es an irgendeiner Stelle dort „linksliberale“ Tendenzen gibt, die den Namen verdienen. „Links-“ oder „sozialliberal“ wäre es, den traditionalistischen Relikten in der Gesellschaft, zum Beispiel im Familienrecht, den Kampf anzusagen und die Bekämpfung des Klimawandels und der Armut als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu begreifen. Das genaue Gegenteil von Populismus und Marktideologie also.
Zangler auf taz.de
Vertrieb
„Die Pyramide der Schönheit“,
wochentaz vom 22.–28. 4. 23
Wo ist eigentlich die Avon-Beraterin hin?
Die Waldschulen in den 1950er und 1960er Jahre waren auch ziemlich umtriebig. Es war das gleiche System, oder?
Jutta Kodrzynski, Hamburg
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