what3words nutzt Wörter statt Adressen: König von neun Quadratmetern
Die Internetseite What3Words teilt die Welt in Quadrate. Drei Wörter sollen Orientierungslose zum Ziel bringen. Eine Innovation für Dealer, Stalker und die NSA.
![](https://taz.de/picture/145652/14/what3words_Adressangaben_mit_Wo__rtern_Applikation_App_Internetseite_09.09.2013.jpg)
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So sehen die geheimen Nachrichten der Zukunft aus. Die Dreiwort-Kombination hat sich Chris Sheldrick ausgedacht, entschlüsselt werden kann sie durch what3words. Auf der Internetseite oder per App wird ein Ort auf der Karte bestimmt – das System spuckt dann so etwas aus wie fire.enormous.sharp.
Weil er in Urugay so viel Stress mit der Suche nach Plätzen hatte, fragte Sheldrick einen Mathematiker. Die beiden teilten die Google-Maps-Welt in kleinere Plätze ein; 57 Billionen Quadrate ist unsere Welt nun groß. Jedem sein eigenes Königreich, so will es ihre Firma what3words. Nur, dass es gerade mal drei Meter lang, und drei Meter breit ist.
Jedes dieser neun Quadratmeter großen Vierecke wird mit drei Wörtern benannt – weil es so anstrengend ist, sich Adressen zu merken. Laut Firmenchef Sheldrick ist es viel einfacher, den Leuten drei Wörter durchzugeben, als eine volle Adresse und Beschreibung à la „an der Ecke mit der kaputten Laterne, gegenüber der großen Tanne.“ Mit der Wortkombination werden sich dann Dealer, Motorradgangs und Orientierungslose treffen. Eben alle, die sich sonst nicht finden würden und auf eine genaue Platzangabe angewiesen sind.
Das ganze soll Landkarten-Faulpelze schnell und unkompliziert an den Zielort bringen. Außerdem gibt es, so what3words, auch abgelegene Pampas, in denen GPS-Daten fehlen, oder wo es keine Postleitzahl gibt. Da sollen die drei Wörter auch helfen.
Geeignet für stockbetrunkene Zeltsucher
Damit hat Sheldrick ein Problem gelöst, das gar keins war. Denn auf Google Maps selbst konnte schon vorher ein bestimmter Ort markiert und mit den Koordinaten gefunden werden.
Aber es ist schon ganz praktisch, wenn man stockbetrunken bei Rock am Ring sein Zelt sucht. Oder die Picknickdecke der Freunde im Park, ohne dem Grillgeruch hinterher schnüffeln zu müssen. Und man kann angeben, in welchem Teil des schwarzen Meeres man schon geschwommen ist – weil auch alle Gewässer in Quadrate eingeteilt sind.
Geld macht die Firma damit, dass sie eigene Plätze verkauft. Dann hat der Nutzer sogar den Vorteil, mit nur einem Wort gefunden zu werden. Ein eigenes Fleckchen Erde für 1,20 Euro im Jahr. „King of Kotelett“ durch die Benennung des Lieblingsrestaurants oder „KönigIn von Deutschland“, wenn der Bundestag den eigenen Namen trägt.
Sheldrick hat durchaus Visionen für seine Firma: Menschen auf der ganzen Welt sollen sich treffen, ohne vorher eine Endlos-Konversation zu führen. Erster Erfolg: what3words wird für ein Notruf-Benachrichtigungssystem in Melbourne verwendet. Die Australier schicken ihren Notruf per SMS und den 3 Wörtern als Ortsangabe. Rettungskräfte sollen so schneller einen Ort finden können, weil er auf der Internetseite präzise makiert ist.
Wer soll das nutzen?
Weitere Vorschläge für die Verwendung: Drei Wörter Adressangaben beim Online-Shopping, Reiseanbieter nutzen what3words in ihrer Sprache und die Angabe wird von what3words übersetzt, so dass jeder Urlauber glücklich ans Ziel kommt. Oder what3words-Taxifahrer, die nicht irritiert umher fahren müssen.
Bei Unternehmen kommt die Idee schon gut an. Registriert sind zum Beispiel die Wörter „french-wine“, „biermarket“, „bicycle“, „DogHouse“ oder auch „middleofnowhere“. Und beim britischen Cornbury Music Festival haben die Organisatoren alle Eingänge mit Drei-Wörter-Adressen beschriftet.
So bahnbrechend wird die Wort-Adresse allerdings nicht von allen aufgenommen. Steve Coast, der Erfinder von OpenStreetMap. wird von Wired so zitiert: „It’s a cute idea, but the question is: Who will use it?” („Es ist eine niedliche Idee, aber die Frage ist: Wer braucht das?")
Wir hätten da eine Idee: Groupies, Stalker und die NSA. Endlich noch präzisere Angaben! Mit freundlicher Genehmigung von Google.
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