was bisher geschah: Feministisch, vielschichtig
Die Treffen sind längst eine Institution. Bereits zum 8. Mal nutzte das Internationale Frauenfilmfestival, (IFFF) das abwechselnd in Köln und Dortmund stattfindet, die große Bühne der Berlinale, um die angereiste Community filmschaffender Frauen in einem eigenen Symposium mit anregenden Ideen und Impulsen zu versorgen.
Die Frage, wie Frauen den Zugang zu Produktionsstrukturen erkämpfen und langfristig für sich nutzen können, ist nach wie vor ungelöst, stellte Maxa Zoller, seit 2019 Leiterin des IFFF, in ihrer Begrüßungsrede fest. Gleichberechtigung in den Arbeitsstrukturen ist jedoch nur die eine Seite, die andere hat unmittelbar mit dem Eindruck zu tun, den sie bei der Programmauswahl für das kommende Festival (24. bis 29. März in Köln) gewonnen hat: Je feministischer ein Film ist, desto mehr Schichten und Ebenen hat seine Erzählung. Diese anderen oder anders erzählten Geschichten, die die versteinerten Stereotype gängiger Drehbuchrezepturen hinter sich lassen, waren folgerichtig ein Thema der mit dem österreichischen Drehbuchforum gemeinsam organisierten Veranstaltung.
Was macht es mit uns, dass die Masse der konventionellen Drehbücher nur vorfabrizierte Seherwartungen bedient, soziopathische Pseudohelden feiert und nach Alfred Hitchcocks Dogma die „langweiligen Aspekte“ des Lebens eliminiert, fragte Kathrin Resetarits in ihrem brillanten Vortrag. Die österreichische Regisseurin, Schauspielerin, Drehbuchautorin und Dozentin an der Wiener Filmakademie (u. a. „Licht“, R.: Barbara Albert, 2017) beschrieb am Beispiel ihrer Großmutter, wie viele widersprüchliche, bei genauer Betrachtung spannende Aspekte ihres Lebens, für die Hälfte der Bevölkerung exemplarisch, aus den gängigen Rastern der Kulturindustrie herausfallen und unsichtbar bleiben.
Aus der US-Filmindustrie werden Normen für den Spannungsaufbau, den Unterhaltungswert und die Verkäuflichkeit eines Films abgeleitet, die als Maßstab für Förderentscheidungen oft das Ende innovativer und nonkonformistischer Filmprojekte besiegeln. Diese Normen gelten vorgeblich als neutral und „gottgegeben“, ihre Festschreibung in den 1980er und 1990er Jahren sieht Resetarits nicht zufällig parallel zum patriarchalen Backlash und dem Sieg der neoliberalen Ideologie.
Filmscripts dürften ZuschauerInnen nicht länger unterschätzen, lautet ein Resümee der Veranstaltung. Filme, die wie in früheren Perioden der Filmgeschichte Ambiguitäten zulassen, die an die unsichtbaren Lebenserfahrungen von Frauen anknüpfen und das mächtige System, an dem die Filmkultur krankt, von innen aufbrechen, das könnte eine Strategie sein, in der die anschließende Diskussion die Zukunft feministischen Drehbuchschreibens sah.
Claudia Lenssen
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