was bedeutet eigentlich – rumpeln:
„Wir rumpeln, wir rumpeln, vielleicht rumpeln wir ja ins Finale“, so umschrieb Christian Ziege vor dem heutigen Halbfinale die Strategie der DFB-Elf. Rudi Völlers Mannen wollen sich also bis zum bitteren Ende dieser WM durchrumpeln. Aber was hat es mit diesem Tuwort auf sich, das Ziege so selbstverständlich gebraucht, als stünde es in den Statuten des DFB und werde jedem Fußball-Bambino in den Wortschatz gelegt?
Am Anfang der Geschichte vom Rumpeln steht Franz Beckenbauer, hinlänglich bekannt als geistreicher Neologist. Nach dem Aus bei der EM 2000 machte er seinem Ärger in der Bild-Zeitung Luft und sprach in der Hamburger Ausgabe des 27. Juni 2000 vom „Rumpelfußball“. Die taz-Kolumnistin Katrin Weber-Klüver wandelte Beckenbauers Vorgabe in Spiegel Online (10. August 2000) zu den „Rumpelfüßlern“ um. Sie erhielt dafür den Pons-Preis des Klett-Verlags für kreative Wortschöpfungen. Seither haben die „Rumpelfüßler“ ihr gedeihliches Auskommen in der Medienlandschaft.
Rumpeln ist mittelhochdeutschen Ursprungs und bedeutet so viel wie lärmen, poltern, geräuschvoll fallen. Das wird eindrucksvoll in einem frühen Gedicht belegt: „man die erbsenblase dem hund an die wadel bindet, der lauft hin und her, als weit die ganze stat ist und tönet und rumplet.“ Zu Luthers Zeiten war der Gebrauch des Wortes weit verbreitet. Damals wurde viel gerumpelt, sogar vom Teufel („Die Welt ist sein Rumpelspiel“). Luther forderte dennoch in einem Brief: „Es will viel gerumpelt seyn.“ Außerdem rumpelte der Brummbass, die Strohfidel, und auch das Kalbfell brachte man mit einem Schlagzeug zum Rumpeln. Vielerorts sah man auf die Rumpelei mit Argwohn herab, heidnische Gesänge in Kirchen wurden als Rumpelreigen bezeichnet. Rumpelfußball ist somit die nicht kanonisierte, ganz und gar unmögliche Form des Fußballspiels.
Rumpeln kann freilich auch stolpern bedeuten, womit ein weiterer Bezug zur Moderne hergestellt wäre: Die deutsche Mannschaft stolpert sich bis ins Endspiel der Weltmeisterschaft. Sie nimmt jede Hürde, strauchelt kurz, der Ball springt Klose an den Kopf, Tor – und weiter sind sie. Es wird auch in Zukunft gerumpelt werden, in der Fußballvariante kaum mehr als eine verachtenswerte Tätigkeit, die auf träge Bewegungen, unsachgemäße Ballbehandlung und den Zuspruch höherer Mächte setzt.
MARKUS VÖLKER
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