piwik no script img

vorlauf Super-Cops beim Sofa-Stemmen

„Polizeistation Berlin Mitte“ (23.15 Uhr, RTL)

Selten hat ein privater Fernsehkanal seine vollmundigen Ankündigungen so wahrhaft umgesetzt wie RTL in seiner dreiteiligen Doku-Soap. Versprochen wird „die authentische Arbeit“ der Berliner Polizei – „echt und lebensnah!“ Ob Messerstechereien, Raubüberfälle oder Selbstmorde – kein Eisen ist ihnen zu heiß.

 Die erste der insgesamt drei Folgen hat es gleich in sich: Zwei Polizisten werden zu einem verwirrten Mann in T-Shirt und Unterhose gerufen, der glaubt, in seiner Wohnung verstecke sich jemand. Doch weil dieser Jemand unsichtbar ist, finden ihn selbst die „Super-Cops“ nicht. „Am besten hinlegen und den bösen Traum zu Ende gehen lassen“, raten sie und rasen zum nächsten Einsatz. Ein Familienstreit. „Das kann alles und nichts bedeuten“, macht die Reporterstimme die Zuschauer scharf, und schon ist die heulende Ehefrau mit ihrem Baby im Bild. Im Hintergrund läuft die Glotze: RTL. „Das ist ja schlimmer wie im Film“, schluchzt die Frau und erzählt, dass ihr Mann sie geschlagen habe, weil er glaube, sie hätte einen anderen. Kaum haben die Superbullen tröstende Worte gesprochen („Die Leidtragenden sind immer die Kinder“ oder „Für den Vater ist es auch nicht so dolle, wenn er die Kinder später sehen will“), geht es – auf ein „bürgernahes Gespräch“ – zurück zu dem verwirrten Mann. Das gestaltet sich so, dass sie auf der Suche nach dem Unbekannten das Sofa in die Luft stemmen – vergeblich. „Die haben keine Lust gehabt“, schimpft der Mann.

 Dann endlich ein Einsatz, der zeigt, dass Hauptstadtpolizisten auch Fehler machen. Als sie einen Mann mit neun Messerstichen finden, organisieren sie den Abtransport und verlassen die Wohnung, ohne sie als möglichen Tatort untersucht zu haben. Die Chefin muss ein anderes Team schicken – ohne RTL.

 Und dann kommt etwas, das aussieht, als wäre der „Fernsehfälscher“ Michael Born wieder im Geschäft: Ein Mann hängt mit dem Kopf in der Schlinge und dem Körper in einem „Ich bin schuld“-T-Shirt im Küchenfenster seines Hauses, die Hände auf dem Rücken in Handschellen. Seine Frau erzählt unter Tränen, dass sie sich wegen einer Kastration gestritten haben. Das T-Shirt hat sie ihm geschenkt, als sie schwanger war. Kastriert wurde der Hund. Auf RTL ist eben Verlass!

B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen