vorlauf: Besser vernichten sofort
Die Quotenmacher (Mi., 21.00 Uhr, 3sat)
Was macht ein Sender, wenn ein eher dröges Thema verhandelt werden soll? Er packt’s in eine Rahmenhandlung. Um Quoten und Marktanteile geht es in Christoph Weinerts fiktiver Doku, und weil eine bloße Reihe von talking heads aus der TV- und Werbebranche ziemlich fade wäre, lässt man ein waschechtes private eye ermitteln.
Der macht sich auf den beschwerlich-klammheimlichen Weg zu den „Herren der Quote“, die auf Schweizer Schlössern, in Wiesbaden, Nürnberg, Berlin oder auch in der ZDF-Kantine sitzen. Vorher, so will’s die reichlich überthrillerte Rahmenhandlung, gibt Detektiv Schmilinski noch seinen Viva-süchtigen Goldfisch bei einer rüstigen Rentnerin ab, die unbedingt wissen will, wie viele Menschen denn nun wirklich „Wetten, dass ...?“ geguckt haben.
Schmilinski stöbert nach und nach die Zeugen der Anklage auf: Den Telecontrol-Erfinder Steinmann, dessen Geräte so ziemlich überall in Europa die Quoten messen. Deutschlands obersten Fernsehforscher Michael Darkow, Chef der TV-Abteilung beim Konsumforschungsgiganten GfK in Nürnberg, der im Auftrag der Sender Marktanteile errechnet. Jens Wiedeck ist auch dabei, der versichert, diese Zahlen mit seiner Firma viel genauer und besser ermitteln zu können als die große, böse GfK mit ihrem ungenauen Panel.
Schmilinskis undercover-Getue nervt nach einiger Zeit erheblich und macht die Informationsdurchdringung eher mühsam. Hübsch ist auf jeden Fall, wie sich die 3sat/ZDF-Produktion um den Quotenwahn bei den öffentlich-rechtlichen Sendern herumdrückt und dazu ausgerechnet Roger Willemsen Sätze wie „Das Geld penetriert das ästhetische Artikulieren“ trompeten lässt. Oder wie Schmilinski in einer Bar von einer angeblichen Russin Geheiminformationen aus dem BH zugesteckt werden („Besser vernichten sofort“). Da werden einem doch gleich Privatfernsehgetüme wie Helmut Thoma (ex-RTL) und Fred Kogel (Sat.1) sympathisch, die klipp und klar sagen, was die Quote ist: eine willkürliche Rechnungsgröße für die Werbeindustrie, mit etlichen Mängeln. Aber, und nur darauf kommt es an: die von allen Sendern inklusive ARD und ZDF akzeptierte Einheit. STEFFEN GRIMBERG
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