us-wunschliste: Beihilfe zum Abenteurertum
Wie strapazierfähig ist das deutsche „Ohne uns“? Dies auszutesten ist der Sinn des amerikanischen Hilfsersuchens im Hinblick auf eine Invasion in den Irak. Der Vorstoß der USA soll die ablehnende deutsche Position so durchlöchern, dass nur noch eine theatralische, inhaltsleere Gebärde übrig bleibt. Wird Schröder standhalten? Nicht sehr wahrscheinlich, nachdem er vorab Überflugrechte erteilt und die Nutzung militärischer Infrastruktur der USA in Deutschland genehmigt hat.
Kommentarvon CHRISTIAN SEMLER
Im Falle eines Krieges zwischen aktiver Teilnahme und passiver Unterstützung zu unterscheiden ist unsinnig. Wer Logistik bereitstellt, ist Kriegsteilnehmer. Kann eine schrittweise Preisgabe des deutschen „Nein!“ mit einer Güterabwägung gerechtfertigt werden, etwa so, dass nur die indirekte Unterstützung der USA eine dauerhafte, tief greifende Zerrüttung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses vermeiden würde?
Wer so argumentieret, vergisst, dass die deutsche Position zum Irakkrieg nicht das Produkt der Unlust war, in einem Krieg die Knochen hinzuhalten. So verständlich eine solche Haltung wäre, unterläge sie doch der politischen Prüfung. Vielmehr wurde präzise dargelegt, dass eine Invasion in den Irak erstens kein Bestandteil des internationalen Kampfs gegen den Terrorismus ist und dass zweitens (und wichtiger) dieser Krieg im Erfolgsfall weit größere Probleme für die Sicherheit und Stabilität des Vorderen Orient aufwerfen würde als der jetzige Zustand. Das deutsche Nein entsprang nicht einer plötzlich entflammten Friedensliebe, sondern es gründete darin, dass das ganze neokonservative Projekt einer „Neuordnung“ der Region unter Federführung der USA in Zweifel gezogen wurde. Im Herbst letzten Jahres stellte sich für dieses Projekt und die auf ihm fußende Strategie ein ausnahmsweise mal zutreffendes Kanzlerwort ein: Abenteurertum.
Hier handelte es sich nicht um die Auseinandersetzung zwischen abstrakten moralischen Positionen nach der Art von „dem Terror nachgeben oder ihm standhalten“, sondern um grundlegend unterschiedliche Einschätzungen der Lage und der aus ihr folgenden Konsequenzen. Es gibt keine neuen Fakten, die die damalige deutsche Bewertung obsolet machten. Deshalb ist es reine Demagogie, wenn jetzt deutsche Dankespflichten gegenüber den USA in Anschlag gebracht werden. Es gibt viele nichtmilitärische Formen der Dankbarkeit. In ihnen sollte Rot-Grün sich üben.
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