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us-wirtschaftAufschwung auf Pump

Trumps Wirtschaftspolitik kurbelt die Konjunktur an, die Menschen haben mehr Geld in der Tasche. Das böse Erwachen wird aber noch kommen

Sebastian Dullien

ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der HTW Berlin und Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations.

Europäer können es noch immer kaum glauben: In Washington amtiert ein Präsident, der unter dem Verdacht der Wahlmanipulation steht, dem Steuerhinterziehung oder zumindest Beihilfe dazu vorgeworfen wird und der per Twitter fremden- und frauenfeindliche Stimmung verbreitet. Trotzdem stehen seine Republikaner in den Umfragen zu den Anfang November anstehenden US-Kongresswahlen gut da.

Ein Grund dafür ist die Konjunktur: Die Wirtschaft wächst kräftig, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie zuletzt Ende der 1960er Jahre, und auch die Löhne legen nach langen Jahren der Entbehrung wieder spürbar zu. Für 2017 lagen die verfügbaren Einkommen einer Durchschnittsfamilie inflationsbereinigt fast 2 Prozent über dem Vorjahr.

Auch hierüber reibt man sich in Europa die Augen: Hatten nicht Ökonomen immer wieder gewarnt, dass Trumps Wirtschaftspolitik unverantwortlich sei, dass der von ihm angezettelte Handelsstreit zu massiven Wachstumseinbrüchen führen werde und es am Ende allen schlechter gehen würde?

Tatsächlich haben viele von Trumps wirtschaftspolitischen Initiativen aber kurzfristig das Wachstum befeuert. Das böse Erwachen dürfte später kommen. Trumps Aufschwung ist auf Pump gebaut – wo er nicht mit Schulden finanziert ist, basiert er auf krudem US-Egoismus, der auf Kosten der ausländischen Handelspartner geht.

Natürlich hatte Trump auch eine gehörige Portion Glück: Der Präsident hat einen stabilen Aufschwung von seinem Vorgänger Barack Obama geerbt. Der höhere Ölpreis hat zudem dazu beigetragen, dass in der US-Fracking-Industrie wieder mehr investiert wird.

Ebenso wichtig ist aber die Kombination aus steigenden Staatsausgaben und massiven Steuersenkungen. Im Sommer 2017, bevor die Republikaner ihren ersten Haushalt mit Steuersenkungen und neuen Rüstungsausgaben verabschiedeten, war das unabhängige Congressional Budget Office (CBO) von einem Staatsdefizit von rund 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für 2018 ausgegangen – etwa 490 Milliarden Dollar neuen Schulden.

Allein durch die Steuersenkungen hat sich die Kreditaufnahme im laufenden Jahr um gigantische 160 Milliarden Doller erhöht. Hinzu kommen rund 40 Milliarden an neuen Verteidigungsausgaben und etwas mehr als 50 Milliarden an sonstigen zusätzlichen Staatsausgaben – in der Summe dürfte das Defizit nun bei rund 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Zum Vergleich: Die derzeit für ihre „unverantwortliche Finanzpolitik“ gescholtene Regierung Italiens peilt ein Defizit von 2,4 Prozent an.

Die Mehrausgaben und die Steuersenkungen kurbeln dabei die Wirtschaft an. Zwar ist der Großteil der Steuerentlastungen an Top-Verdiener gegangen, allerdings profitieren auch US-Amerikaner mit mittleren Einkommen von den gesunkenen Einkommensteuersätzen. Das stützt den Konsum, was wiederum das Wirtschaftswachstum befördert.

Und was ist mit der Unsicherheit, die Trumps Handelskonflikte mit Kanada, Mexiko, China und der EU verursacht haben soll, und die von Ökonomen als „Gift“ für Investitionen gegeißelt wurde? Paradoxerweise stützt bislang diese Unsicherheit die US-Wirtschaft. Viele der Ankündigungen Trumps führen dazu, dass Unternehmen sich nicht sicher sind, ob sie auch in Zukunft ohne neue Zollbelastungen etwa aus China oder Mexiko in die USA importieren können. Als Reaktion haben eine Reihe von Konzernen sich entschieden, neue Produktionen in den USA aufzubauen oder dort die Kapazitäten zu erweitern. Ähnlich dürften die Änderungen im nordamerikanischen Handelsabkommen Nafta wirken, die einen größeren Anteil an inländischer Wertschöpfung für den Automobilsektor vorschreiben. Das schadet den Handelspartnern, hilft aber kurzfristig der US-Wirtschaft.

All das sind natürlich keine stabilen Bausteine für nachhaltig steigenden Wohlstand. Ökonomen raten üblicherweise davon ab, in der Hochphase des Aufschwungs massiv das Staatsdefizit zu erhöhen, wie es Trump nun getan hat. Ein böses Erwachen ist wahrscheinlich: Wenn das Ende des Abschwungs kommt, fehlt der Spielraum, finanzpolitisch gegenzusteuern. Eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld oder die Unterstützung notleidender Kommunen, wie sie die Regierungen Bush und Obama in der Krise 2008/2009 auf den Weg gebracht haben, wären dann nur noch schwer durchsetzbar.

Schon jetzt ist absehbar, dass am Ende der Durchschnittshaushalt Trumps Rechnung zahlen wird

Doch auch so ist absehbar, dass am Ende der Durchschnittshaushalt in den USA die Rechnung für Trumps Politik zahlen wird. Der durch die Steuersenkung verursachte Einnahmeverlust 2018 ist erst der Anfang. Ohne neue Ausgabenkürzungen rechnet das CBO mit einem Anstieg der öffentlichen Verschuldung der USA von derzeit rund 16.000 Milliarden Dollar auf fast 25.000 Milliarden bis 2025. In der Vergangenheit hat ein solcher Schuldenanstieg in den USA immer wieder zu heftigen Sparpaketen geführt. Angesichts der Abneigung vieler Republikaner gegen staatliche Sozialprogramme dürften Kürzungen vor allem die Ärmeren treffen.

Auch der Handelskonflikt könnte am Ende den USA schaden. Rückverlagerung von Produktionen etwa aus China oder Mexiko bedeuten höhere Produktionskosten und damit höhere Preise für die Verbraucher. Teurere, heimisch hergestellte Komponenten, etwa für Autos, bedeuten schwindende Wettbewerbsfähigkeit für US-Exporte.

Trumps Kalkül mag sein, dass die negativen Folgen seiner Politik erst sichtbar werden, wenn er seine zweite Amtszeit gewonnen hat. Gut möglich, dass dieses Kalkül aufgeht. Der Rest der Welt sollte sich darauf einstellen, dass er sich vielleicht noch länger mit den Folgen einer egoistischen „Amerika First“-Politik herumschlagen muss.

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