unterm strich:
Das Wochenende ist da, die Sonne scheint zu scheinen und die Bundesregierung hat ihrer Offensive des Lächelns kurz vor der Sommerpause noch eine Krone aufgesetzt: Die Steuerreform kommt, Stoiber schäumt, Merz leidet, Merkel wankt. Von Beckenbauer lernen heißt mauscheln lernen, hat sich Hans Eichel wohl gesagt und darf jetzt Franz genannt werden. Franz Eichel, der Steuerkaiser. – Der Konsenswahnsinn geht also weiter.
Auch in Dresden wird heftig gekonsenst. Sie erinnern sich doch noch an den Streit um die Inszenierung von Emmerich Kálmáns Operette „Die Csárdásfürstin“. Regisseur Peter Konwitschny hatte bei der Premiere kopflose Leichen auf der Bühne tanzen lassen, um an den Ersten Weltkrieg zu erinnern. Das Publikum fand sich in seiner Amüsierstimmung gestört. Es gab Prozesse, Boykotts und Drohungen. Intendant Christoph Albrecht brachte dann kurz entschlossen eine entschärfte Version auf die Bühne, was wiederum Herrn Konwitschny nicht passte. Er erwirkte in mehreren Instanzen eine „einstweilige Verfügung“ gegen die veränderte Fassung. Der Streit schien aussichtslos verfahren. Jetzt haben sich Intendant und Regisseur zu Konsensgesprächen zusammengesetzt und das Ergebnis: Beide Versionen werden ab sofort gezeigt. Die Schockversion für den Skandalsucher, die gemäßigte Fassung für den Amüsier- und Leichtigkeitsfreund. In der bundesweiten friedlichen Konsensbegeisterung brechen noch die verhärtesten Fronten in sich zusammen.
Und lange Fahrten kommen an ein Ende. Gestern abend ist am Berliner Bahnhof Friedrichstraße der Literaturexpress 2000 angekommen. Leider nach Redaktionsschluss, so dass Sie auf unsere und unserer Postkartenreisenden Felicitas Hoppes Ankunftseindrücke leider noch bis Montag warten müssen. Auf jeden Fall ist in Berlin das ganze Wochenende über großes Literaturexpressempfangsfest an tausend Berliner Orten mit tausend Literaten. Und Felicitas-Postkarten erwarten wir auch noch ein paar. Die Ost-Post ist leider langsamer als so ein rasender Schriftstellerexpress.
Und auch hier in der Redaktion herrscht Erleichterung. Wir haben die Fs wiedergefunden. Alle F-Wörter. Eine Woche lang waren alle Mitarbeiter mit F aus dem Adresskasten verschwunden. Alle. Wollten nicht mehr mitarbeiten. Streikten. Wie sollten wir den großen Redaktionskonsens aufrechterhalten, ganz ohne F? E und G konnten die neue Nähe kaum ertragen. Die Fremdheit war groß. Jetzt sind sie zurück. Trieben sich in fremden Adresskästen herum. Und wir schreiben erleichtert am großen Konsens fort.
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