unterm strich:
Der Patriarch behält das letzte Wort: Wolfgang Wagner hat im lange schwelenden Streit über seine Nachfolge als Leiter der Bayreuther Festspiele entschieden, ab 1. Januar 2002 den Münchner Staatsintendanten Klaus Schultz als „freien Mitarbeiter“ zu verpflichten. Der 54-Jährige soll nach dem Willen des Wagner-Enkels – mit Zustimmung des Stiftungsrats der Richard-Wagner-Stiftung vom Mittwoch – die Fortführung der Festspiele als „Geschäftsführender Festspielleiter“ nach dem Abtritt des 82-Jährigen sichern.
Mit dieser jetzt vorgegebenen Übergangsregelung bleibt die Tür für alle drei potenziellen Nachfolgekandidaten formal offen. Die erklärte Favoritin des Stiftungsrates, Eva Wagner-Pasquier, kann sich nach ihrem vorläufigen Rückzug zunächst wieder ihrer Tätigkeit als künstlerische Leiterin beim Festival in Aix-en-Provence widmen. Wolfgang Wagners schärfste Kritikerin, seine Nichte Nike Wagner, und ihr neuer Wunschpartner, der Stuttgarter Staatsintendant Klaus Zehelein, haben sich selbst für einen möglichen Wechsel bereits auf das Jahr 2006 vertröstet.
Wolfgang Wagner hat jedoch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er in eine Nachfolgelösung aus dem Kreis der Familie weder Tochter Eva aus erster Ehe noch Nichte Nike einbeziehen will. Seine Wunschkandidatinnen sind seine zweite Frau Gudrun und die gemeinsame Tochter Katharina.
Mit der nun geschaffenen Interimslösung Klaus Schultz kann wohl auch Bayerns Kunstminister Hans Zehetmair leben, da damit nach seinen Worten ein Ausweg aus einer fast unlösbar gehaltenen Situation gefunden ist. Der CSU-Politiker hatte sich in der Vergangenheit einen heftigen Schlagabtausch mit Wagner geliefert, der teilweise mit heftigen Worten ausgetragen wurde. Zehetmairs Sprachrohr im Stiftungsrat, Ministerialdirektor Josef Erhard, war am Mittwoch sichtlich erleichtert, dass die „schmerzlichen Vorgänge“ der Vergangenheit angehören.
Der Stiftungsrat musste einsehen, dass Wolfgang Wagner aufgrund seines lebenslangen Vertrages als Festspielchef am längeren Hebel sitzt. Wagner hatte zwar Anfang 1999 grünes Licht für die Einleitung des Nachfolgeverfahrens gegeben, aber nie ein Datum für seinen Rückzug genannt.
Ungeachtet dessen hatte der Stiftungsrat am 29. März dieses Jahres Eva Wagner-Pasquier als Nachfolgerin nominiert und ihren Vater aufgefordert, die Festspielleitung zum Ende des Festspieljahres 2002 abzugeben. Doch Wolfgang Wagner blieb stur. Mit Erfolg: Tochter Eva zog daraufhin ihre Bewerbung im Juni wieder zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen