piwik no script img

unterm strich

Damien Hirst ist Brite, Künstler und vor allem bekannt, weil er Anfang der 90er-Jahre Tierkadaver in Kunstharz goss. Seine künstlerische Radikalität wurde schon oft ausgezeichnet, unter anderem mit dem Turner-Preis, der höchstmöglichen Auszeichnung für britische Künstler (ausgenommen natürlich der Queen’sche Ritterschlag). Radikal künstlich sind auch seine Äußerungen über die Anschläge des 11. September: Für ihn stellen sie ein „Kunstwerk“ dar, „böse, aber visuell konstruiert“. Mit den Anschlägen hätte sich die visuelle Sprache völlig verändert. Der Anblick der in die Türme krachenden Flugzeuge lasse sich durchaus als „spektakulär“ bezeichnen. Er als Künstler sei ständig auf der Suche nach solchen Dingen. Im letzten Jahr wurde der Avantgarde-Musiker Karlheinz Stockhausen wegen einer ganz ähnlichen Bemerkung vom Hamburger Musikfest ausgeschlossen. Er hatte bei einer Pressekonferenz gesagt: „Was da geschehen ist, ist – jetzt müssen Sie alle Ihr Gehirn umstellen – das größte Kunstwerk, das es je gegeben hat.“ Nach der massiven öffentlichen Empörung entschuldigte sich der Musiker für seine „missverständliche“ Äußerung. Dass Hirst seine Sprüche klopfen darf, liegt wohl am englischen Humor, dem sowieso alles verziehen wird.

Jetzt ist es heraus: Der Gewinner im Wettbewerb um das „perfekte Bild“ ist der Niederländer Piet Mondrian. Wer bislang glaubte, jeder könne seine konstruierten monochromen Viereck-Muster nachmachen, täuscht sich gewaltig, denn eine psychologische Studie des University Colleges in London hat ergeben, dass selbst klitzekleine Veränderungen sofort auffallen, sogar Menschen ohne jegliches Kunstverständnis. Mondrians Proportionen könnten schlicht nicht verbessert werden. Der Studienleiter behauptet sogar: „Jeder kann einen echten von einem Pseudo-Mondrian unterscheiden“, die ein oder zwei Versuchspersonen, die grundsätzlich daneben lagen, hätten einfach keinen Geschmack. Wer also einen falschen Mondrian zu Hause hat, ohne es zu wissen, hat große Geschmacklosigkeit bewiesen.

In der Semper-Oper darf wieder getanzt werden: Die durch die Flut erzwungene Pause soll am Wochenende mit einer Ballettinszenierung beendet werden, passenderweise wird Joseph Haydns „Die Schöpfung“ getanzt. Nicht nur das Corps du Ballett, der ganze Opernbetrieb war während des Hochwassers lahm gelegt, weil im überschwemmten Keller Kulissen, Kostüme und Dekors verloren gingen. Wie begossene Pudel lagen die federnreichen „Schwanensee-Tutus“ im Zuschauerraum zum Trocknen aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen