uni-finanzen: BERLIN IST ÜBERFORDERT
Von den großen deutschen Städten haben drei – gemessen an der Einwohnerzahl – die wenigsten Studienplätze. Es handelt sich um Berlin, Hamburg und Bremen. Und es ist kein Zufall, dass alle drei Stadtstaaten sind.
Der Flächenstaat Bayern kann einen großen Teil des Steuergelds, das zwischen Bodensee und Frankenwald in seine Kassen fließt, in die Hauptstadt München pumpen. Dort ist jeder zehnte Einwohner Student, in Berlin nur jeder dreißigste.
In Berlin dagegen genügt der Haushalt eines wirtschaftlich maroden Stadtstaats nicht einmal, um alle Landeskinder mit einem Studienplatz zu versorgen – obwohl zurzeit noch 55 Prozent der Studierenden aus dem übrigen Bundesgebiet kommen. Dabei ist unschwer vorauszusagen, dass der neue Hauptstadtstatus den Andrang künftig noch vergrößern wird. Schon jetzt müssen sich die Hochschulen einen großen Teil des intellektuellen Potenzials, das nach Berlin drängt, per Numerus clausus vom Leibe halten.
Selbst eine Fusion mit Brandenburg würde das Problem nicht beheben. Denn schon jetzt baut die sparsame Hochschulplanung der Märker darauf, dass ein Großteil der Abiturienten zum Studium nach Berlin abwandert. Zusätzliche Ressourcen kämen also nicht in den Berliner Bildungstopf, zumal sich auch das Steueraufkommen im Nachbarland höchst bescheiden ausnimmt.
Warum also sollte nicht der Bund, der sich schon im Kulturbereich engagiert, auch der hauptstädtischen Wissenschaft unter die Arme greifen? Schließlich profitiert auch er von der Existenz der Berliner Unis – ob die Humboldt-Universität nun das Praktikantenprogramm des Bundestags betreut, ob Berliner Professoren die Regierung beraten oder ob die Hochschulen dem Politikbetrieb ganz einfach helle Köpfe liefern.
Mit dem fordernden Tonfall eines Eberhard Diepgen, der so beleidigt wie beleidigend die Hand aufhält, wird Berlin dabei indes nicht weiterkommen. Entrüstet hatte die Landespolitik den Ruf nach einem Offenbarungseid zurückgewiesen, der aus dem Mund von Staatsminister Naumann kam. Läuft aber alles weiter wie bisher, kommt der Offenbarungseid von ganz allein.
RALPH BOLLMANN
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