taz Schüler-Praktikantin Amelie Richter denkt zum Ferienbeginn über den Ernst des Lebens nach: Jetzt aber mal ernsthaft
Jetzt beginnt der Ernst des Lebens, hört man oft, wenn man in die Schule kommt. Auch meine Grundschulleiterin hat bei meiner Einschulungsfeier eine Geschichte über den Ernst des Lebens erzählt. In der Geschichte kam der Ernst des Lebens als netter Sitznachbar daher und war eigentlich gar nicht so furchteinflößend.
Als meine ältere Schwester in die siebte Klasse kam, war sie „groß“. Denn auf dem Gymnasium würde es aber nun wirklich ernst werden, hieß es – man müsse allein für sich sorgen und schauen, wo man bleibt. Als sie dann in die Oberstufe kam, sagte man ihr das Gleiche. Immer wenn ich ihr nachfolge an diese Wegmarken, sagte sie: Entspann dich, alles halb so schlimm.
Ich frage mich manchmal, was man ihr sagt, wenn sie ihr Abitur hat und durch die Welt reisen möchte. Vielleicht, dass die Schule die reinste Entspannung gewesen ist im Vergleich zu ihrer Weltreise mit beinahe ohne einem Cent im Rucksack?
Ich glaube auch meiner Mathelehrerin nicht, die uns bei fast jeder Aufgabe irgendwo im Schulbuch weismachen will, dass das ernst genommen werden soll und unverzichtbar für „später“ ist. Später, wenn man dann einen Beruf hat, vielleicht auch eine Familie. Dieser ganze Erwachsenenkram. Ob das dann endlich der Ernst des Lebens ist? Schwupps, hallo, ich bin dein Ernst des Lebens?
Ich glaube, Ernst, der Sitznachbar, ist eigentlich immer da. Manchmal macht er einem Angst, manchmal ist er eigentlich ganz nett. Nach den Ferien komme ich in die zehnte Klasse. Der Rat meiner Schwester ist, mich so wenig wie möglich anzustrengen – bevor es in der Oberstufe dann aber „richtig ernst“ würde.
Amelie Richter, 14, besucht die neunte Klasse des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums in Reinickendorf
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