taz-Community über Klimaskeptiker: „Mein Engagement hat sie überzeugt“
Wie spricht man mit Menschen, die dem Klimaschutz skeptisch gegenüber stehen? taz-LeserInnen teilen ihre Erfahrungen.
Immer wieder begegnet man Menschen, die den menschengemachten Klimawandel leugnen oder zumindest skeptisch sind – oder die Klimaschutz einfach nicht wichtig finden. Auf unserem Instagram-Kanal zur Klimakrise haben wir unsere Community gefragt: „Wie sprichst du mit Menschen, die beim Klimaschutz skeptisch sind?“ Wir wollten wissen, wie Menschen ihre Gesprächspartner:innen überzeugen konnten.
In vielen der Antworten hieß es: es hat nicht geklappt, die Leugnung des Klimawandels sitze bei vielen Menschen sehr tief. Einige Leser:innen hatten aber Erfolg und haben ihre Geschichten mit uns geteilt. Hier veröffentlichen wir eine Auswahl der Antworten.
„Wie sprichst du mit Menschen, die beim Klimaschutz skeptisch sind?“
„Mein Auto ist mir wichtiger als das Klima“, sagte mein Vater einmal zu mir. Ich antwortete, indem ich einen gemeinsamen Wert ansprach: „Ich hab Angst Kinder zu bekommen. Angst um die Zukunft, in der ich sie aufziehen würde. Kannst du das nachvollziehen?“ Das hatte mein Vater nicht erwartet. Er war bereit, sich zu verteidigen oder das Problem auf andere zu schieben. Stattdessen sprachen wir über seinen Wunsch nach Enkelkindern und darüber, dass sie es schön haben sollten. Später redeten wir auch darüber, dass es einen systemischen Wandel braucht. Seither unterstützt er meinen Aktivismus.
Daniel S., 22, Aktivist bei Fridays for Future
Eine Person in meinem Umkreis hatte früher immer wieder meine Wut und meine Handlungen in Bezug auf das Klima abgetan und sagte, dass doch alles nicht so schlimm wäre. Ich habe aber nicht aufgehört und mich beispielsweise auf Instagram weiterhin für mehr Klimaschutz stark gemacht, in Stories oder Beiträgen. Letztens kam dann eine Nachricht der Person. Sie wollte wissen, ob ich auf der Demo von „Fridays for Future“ sei, dann könnten wir ja zusammen hingehen. Auf Nachfrage sagte die Person, mein steter Einsatz auf Instagram habe sie überzeugt umzudenken und mitzumachen.
Maike H., 23 Jahre, Heilerziehungspflegerin
Eine Person, die ich auf der Straße traf, sagte es gebe keine Klimakrise. Ich antwortete, dass die Temperaturen in Ländern wie Kanada viel zu hoch seien und die aktuellen Bedingungen viel mehr Waldbrände verursachten. Wenn Plastik nicht verboten werde, werde alles noch schneller gehen, sagte ich, denn Plastik bleibt jahrhundertelang in der Natur – er solle nichts mehr benutzen, was der Natur schadet. Die Person antwortete, dass sie das erst durch mich erfahren hat – ich war sehr glücklich. Man sollte mit allen Menschen über die Klimakrise sprechen, denn es gibt viele, die davon nichts wissen.
Bariş T., 16, Schüler
Manchmal vermeide ich Diskussionen über das Klima, weil ich gar nicht weiß, wie ich manche Menschen noch erreichen kann. Es kursieren oft viele Fehlinformationen: „Wozu Müll trennen? Landet eh an einer Stelle“, „Wozu sich anstrengen, wenn in China viel schlimmeres passiert“ oder „Klimawandel gab es schon immer“. Dabei zahlen wir schon jetzt für die Versäumnisse der letzten 20 Jahre. Es geht aber auch differenzierter, beispielsweise wenn mein Vater, der sehr umweltbewusst ist, skeptisch ist, ob die Kosten für Klimaschutz gerecht verteilt werden. Und diese Skepsis teile ich.
Jasmin H., 29,, Berlin
Wenn sich ein Gespräch um die Klimakrise dreht, wird es oft emotional und verbeißt sich an einzelnen Maßnahmen. Ich versuche dann, die Debatte von einem spezifischen Thema wegzulenken und die Ausmaße der Klimakrise zu skizzieren, denn die wenigsten wissen, dass wir in Europa uns in der Zukunft Krankheiten wie Malaria ausgesetzt sehen. Außerdem bewegen sich die Debatten oft nur um sehr negative Aspekte, daher stelle ich Chancen und positive Entwicklungen in den Vordergrund. So gelang es mir schon oft, mein Gegenüber von seiner Position abzubringen – sachlich, faktenbasiert und nicht urteilend.
Espen Rechtsteiner, 19, Aktivist bei Fridays for Future
Leser*innenkommentare
SimpleForest
Mir scheinen solche Sachen leider eher selten zu gelingen. Ich bin konservativ erzogen worden und habe mich erst mit 20 durch meinen Freundeskreis im Studium linkem Denken geöffnet. Nie fühlte ich mich angegriffen alles wurde mir friedlich erklärt und neue Sichtweisen aufgezeigt. Ein Vierteljahrhundert später sehe ich mich als einen Menschen der eher Freunde verliert als Sie zu überzeugen. Demokratischer Sozialismus/moderner Anarchismus bedeute für mich so viel. Mein ältester Freund war in unseren Jugendzeiten linker als ich. Heutzutage ist er als SPD Mitglied dies nicht mehr. Wir haben sehr viele politische Diskurse geführt am Telefon in den letzten Jahren. Nie sind wir auf einen Nenner gekommen. Ich sehe im Seilicon Valley eine Gefahr für die Menschheit auf vielen Ebenen, er ist Fan. Ich sehe Reduktion als unabdingbar er tut das nicht. Usw, usw. Unsere Gespräche werden seltener und seltener. Mir tuen seine Vorwürfe sehr weh, bei den meisten bemühe ich mich jedoch diese zu schlucken um den Diskurs nicht zu eskalieren zu lassen. Trotzdem ist das immer passiert. Und jeglicher Erfolg bleibt hier aus. Meine Argumente scheinen ihn eher in die Gegenrichtung zu drängen, als auch nur Ansatzweise zu ziehen. Verlieren möchte ich Ihn nicht als Freund, aber die Gefahr sehe ich eindeutig. 0 Erfolg im überzeugen, aber emotionales Desaster :(. Passiert mir auch in anderen zwischenmenschlichen Beziehungen. Wo es nicht passiert, liegt dann eh schon eine politische Meinung auf der gleichen Wellenlänge vor.
mowgli
Sachlich, faktenbasiert und nicht urteilend - so wünsche ich mir Journalismus.
Journalist*innen sollten Engagement nicht mit Meinungsstärke verwechseln. Urteilen wollen die Leser*innen schließlich selber. Aber sie sind dafür auf informationen angewiesen, und die können Journalist*innen ihnen liefern. Sogar gesiebt.
Klar, Informationen kosten und Ausgaben verringern (betriebswirtschaftlich gedacht) den Gewinn. Sie stehen Einnahmen gegenüber, die womöglich erst mal sinken, wenn Lesende nicht das Gefühl haben, dass Schreibende genau so fühlen wie sie selbst.
Aber auf Dauer werden Menschen auf diesem Planeten nur überleben, wenn sie mehrheitlich richtig entscheiden. Und dafür brauchen sie nicht nur ihren Bauch, sondern auch ihren Kopf. Der muss ihnen sagen, wo sie hin wollen und warum, dann hört der Bauch von selber auf zu grummeln. Er muss dann nämlich mitarbeiten.
Also Mut, liebe taz-ler, traut eurer Kundschaft etwas zu! Schließlich wollt ihr ja, dass sie euch auch etwas zutrauen. Vertrauen gegen Vertrauen - wär das ein interessanter Deal für euch? Oder ist euch diese Einstellung am Ende doch zu egalitär? Fragt ihr euch, wo dann euer Distinktionsgewinn bleibt?
Nur, wenn ihr es schafft, eure Kundschaft als gleichwertige Partner*innen in einem System zu sehen, das im Gleichgewicht bleiben muss und nicht nach einer Seite hin kippen darf, könnt ihr erwarten, dass sie an euch glauben. Nur dann besteht die Chance, dass ihr so wirkt, als wüsstet ihr (vielleicht), wo es in Richtung lebenswerte Zukunft geht. Weil ihr viel länger und viel weiter sehen könnt als andere. Dann erst werden Lesende da hin aufbrechen, wohin ihr mit dem Finger zeigt. Vielleicht.
Wenn alle nur den Weg Richtung Apokalypse weisen, glaubt am Ende womöglich gar niemand mehr, dass es einen anderen Weg überhaupt gibt, nicht einmal ihr selber. Davon, dass der alternative Weg tatsächlich begehbar aussehen sollte, hab ich da noch gar nicht angefangen. So wird das nichts. Ganz sicher nicht.
nzuli sana
Mir ist es bisher nicht gelungen grüne Aktivist_innen von der Notwendigkeit der sozialistischen Ressourcen-Verteilung und Verbrauchssteuerung zu überzeugen.
Der Markt löst es nicht. Aber die Grünen haben keine anderen Ideen.
Das ist bedeutsam insbesondere wenn wir damit rechnen, dass die Nachteile der Erneuerbaren Energien zurzeit noch nicht ganz bewältigt sind und der Ausstieg aus Kohle und Gas aber schneller erfolgen muss.
Dann müssen die Menschen in den reichen Ländern alle vorübergehend weniger verbrauchen und die Industrien weniger herstellen.
z.B. im Zeitraum 2026-2032.
joaquim
@nzuli sana "Dann müssen die Menschen in den reichen Ländern alle vorübergehend weniger verbrauchen und die Industrien weniger herstellen." Wieso vorübergehend? Auch nach einer Umstellung auf "grüne" Energie können wir nicht so weiter machen. Elektroautos zu Millionen kaufen, hilft auch nicht. Nur weniger, viel weniger!
Badmonstercat
Ich habe festgestellt das vielen Leuten Informationen fehlen.
Sie haben jahrelang von der Politik und vielen Medien gehört das es nicht so dramatisch ist das wir noch Zeit haben und überhaupt.
Dazu noch die Arbeit von Lobbyisten, in Düsseldorf spare ich knapp 100€ beim Strom, jährlich seitdem ich von den Stadtwerken zu WestfalenWIND gewechselt habe.
Viele glauben das Umweltschutz automatisch teur und kompliziert ist.
Mir hilft es Menschen auf solche Möglichkeiten aufmerksam zu machen.
Das wir bereits mittendrin sind im Klimawandel ist längst nicht allen klar.
Ich zwinge niemanden ein Gespräch auf, die meisten meiner Bekannten sprechen mich auf meine Statusbilder bei WhatsApp an. Ich denke Veganer und Vegetarier kennen das gut.
Ich glaube das es wichtig ist den Leuten Möglichkeiten zu geben mit denen sie zumindest einen kleinen Anfang machen können und ihnen nicht das Gefühl zu geben das es hoffnungslos ist.
joaquim
Es wäre mal interessant, inwieweit Menschen die Klima leugnen mit denen der Covid-Leugner übereinstimmen. Ich denke, es sind andere soziale Schichten. Aber dann kann man doch sowohl die einen als auch die anderen fragen, wieso sie denn das eine, aber nicht das andere leugnen oder? Bei mir sieht es so aus: Klima sehr in Gefahr, Impfung etwas skeptisch. Na ja, jedenfalls nicht ganz so überzeugt von der uneingeschränkten Überzeugung dass die Impfung das einzig Wahre ist, so wie Ihr von der TAZ:)
Beim Klimawandel sehe ich es sogar weitaus drastischer als allgemein beurteilt. Ich glaube es ist nicht 5 vor 12, sondern ein paar sekunden vor 12!