taz-Berichterstattung zur WM 2022: Katar: Fußball als Politikum

Vom 20. November bis 18. Dezember findet die hoch umstrittene Fußball-WM der Herren statt. Boykott ist für die taz keine Option. Wir schauen genau hin.

Nürnberger Fans protestieren am 17. Bundesligaspieltag im Max-Morlock-Stadion Foto: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Von ANDREAS RÜTTENAUER

taz Info, 14.11.22 | Nun also die nächste Zumutung. Nach Olympischen Spielen in China und Russland, wo 2018 die Fußball-WM stattgefunden hat, ist nun Katar dran, die Welt zu einem Sportereignis zu empfangen. Nicht wenige Fußballfans hierzulande wollen nicht akzeptieren, was ihnen da vorgesetzt wird, wenn die Helden der Branche um den wichtigsten Titel auf dem Planeten kicken.

Sie wollen sich nicht auf das Turnier in dem Emirat einlassen, in dem Homosexuelle verfolgt werden, in dem Arbeitsrechte mit Füßen getreten werden, in dem Bauarbeiterleben nichts wert sind und Meinungsfreiheit enge Grenzen hat.

Wegschauen ist für uns keine Option

Ein Turnier, das noch dazu in einem Land stattfindet, das über keine nennenswerte Fußballgeschichte verfügt. Ein großes Turnier wird es dennoch, es wird ikonische Bilder aus nagelneuen Stadien liefern und am Ende wird ein strahlender Fifa-Präsident Gianni Infantino verkünden, was er schon lange vor dem ersten Anpfiff versprochen hat: dass die WM in Katar das beste Turnier in der Geschichte des Fußballs war.

Wegschauen, das mag für so manchen anständigen Fußballfan eine Option sein. Für die taz gilt das nicht. Auch vor den Olympischen Sommerspielen in Peking 2008 tobte eine große Boykott-Debatte. Es ging um den Status von Tibet im Speziellen und um das brutale Regime der Kommunistischen Partei im Allgemeinen. Die taz hat sich damals dafür entschieden, eine umfangreiche Berichterstattung von den Spielen zu organisieren.

Es ging darum zu zeigen, wie der Sport benutzt wird, um das Image eines Landes zu polieren. Es ging aber vor allem auch darum, dissidenten Stimmen im Land Gehör zu verschaffen, Opfern des Regimes würdige Auftritte zu verschaffen und zu zeigen, auf wen sich der Sport mit der Vergabe seiner Sportereignisse da eingelassen hat.

Längst eine hoch politisierte Veranstaltung

Solche sind längst mehr als eine Aneinanderreihung von Wettkämpfen. Sie sind gesellschaftliche Großevents, hoch politisierte Veranstaltungen, die auf die ganze Welt einwirken. Ein Fan mag da wegschauen können. Eine Journalistin sollte da die Augen aufsperren und hinschauen.

Und so wird die taz auch aus Katar, aus den Stadien und drumherum berichten. Markus Völker aus der Leibesübungenredaktion wird, mit einer Akkreditierung der Fifa ausgestattet, das Raumschiff des Weltfußballs betreten, dass ab dem 20. November für vier Wochen in dem Emirat Station macht.

Karim El-Gawhary, taz-Korrespondent für die Arabische Welt, wird ebenfalls vor Ort sein und beobachten, wie das Turnier auf die Menschen wirkt. In der Redaktion in Berlin werden die Mitarbeitenden versuchen eine Berichterstattung zu koordinieren, bei der das Porträt eines Arbeiters, der beim Stadionbau mitgewirkt hat, ebenso seinen Platz hat, wie das eines Fußballers.

Einblicke in Outsider-Sportarten

Und für alle, die wegschauen möchten, wird es eine Hilfestellung geben. Sportliteratur und Serien über Football oder Basketball sollen vorgestellt werden, wer mal einen Radsporttext lesen möchte, wird bei uns fündig, und es wird Einblicke in Sportarten geben, die meist nur eine Randexistenz fristen.