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standbildLange Nacht,lange Leitung

Die Wahl (So., div. Sender)

Wie schön: Auch die Bild-Zeitung will letztendlich nur berichten. Parteinahme sei ihr gänzlich fremd, erläutert Chefredakteur Kai Dieckmann dem freundlichen Herrn von N 24, obwohl der gar nicht so aussieht, als ob er gleich kritische Fragen stellen und böse Worte wie Kampagnenjournalismus in den Mund nehmen wollte.

Denn N 24 ist der Nachrichtensender des in Auflösung begriffenen Medienreichs von Leo Kirch, dem momentan auch noch 40 Prozent am Bild-Besitzer Axel Springer AG gehören. Und wie schon nach dem „TV-Duell“ schaltet N 24 immer mal wieder live in die Hamburger Zentralredaktion des Boulevardblattes – Cross-Promotion der durchsichtigeren Art. Dumm nur, dass Bild insgesamt mehr Leser haben dürfte als N24 Zuschauer.

Mit derlei Problemen ist die ARD natürlich nicht geschlagen. Sie hat dafür ganz andere: Zum Beispiel die deutlich schlechteren Berechnungen des eigentlich doch so netten Herrn Schönborn und Infratest-Dimap, die noch sehr lange die CDU/CSU vorn sehen.

In Sachen stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag wird erst weit nach Mitternacht zum Unions-Rückzug geblasen, die Zuschauer lässt man sogar länger warten: „Und wie wir seit 40 Minuten wissen, liegt jetzt die SPD…“, sagt Jörg Schönborn dann auch noch.

Aber da haben wir schon längst ZDF geguckt, wo die Forschungsgruppe Wahlen alles in allem die solideren Zahlen präsentiert. (Einen gewissen Nutzen hat die lange Leitung im Ersten immerhin für den eingangs erwähnten Herrn Dieckmann, der so für seine Titelseite unter Berufung auf die „Hochrechnung der ARD um 23.58 Uhr“ noch „Stoiber vor Schröder“ texten kann.)

Die Meinungsforscher von Forsa, die für RTL, Sat.1, n-tv und CNN rechnen, prognostizieren dagegen schon ab ihrer zweiten Hochrechnung den dann auch eingetretenen Zweitstimmen-Gleichstand.

So viel Schalte bei einem TV-Wahlabend war nie: Dennoch geht die gleichzeitige Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern außer bei den Öffentlich-Rechtlichen fast unter.

Dafür erweist das Bayerische Fernsehen (BR) seinem Landesvater mit einem eignen Wahlprogramm bis in die späten Abendstunden TV-Reverenz, und auch für die ganze große ARD darf BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb bei Edmund Stoiber höchstpersönlich das Mikrofon halten.

Bei RTL kommt die Hauptwahlsendung aus Köln und besticht weniger durch ihr „Kompetenzteam“ Peter Kloeppel und Friedrich Nowotny. Aber dafür immerhin mit moderner Computergrafik, während sich ARD und ZDF weiterhin der hehren Wissenschaft verpflichtet fühlen, wo die Schlichtheit der Balkendiagramme gern mit Seriösität gleichgesetzt wird.

Am innovativsten ist hier übrigens ausgerechnet der Kinderkanal: Digitalisierte Wahlzettel türmen sich mitten im Studio in den Parteifarben auf und überragen (bei den großen Parteien) beinahe die Moderatorin. Die spaziert dann zwischen SPD- und Unions-Säule hin und her und erklärt in „Sendung mit der Maus“-tauglicher Diktion, was denn nun eigentlich die Prognose ist. Kniffligeres bleibt ihr glücklicherweise erspart: Als „Überhangmandat“ zum Wahlwort 2002 wird, ist beim KiKa längst Sendeschluss. STG

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