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sparrundenEs fehlen die Konzepte

Sparen ist ein mühsames Geschäft. Das ist die erste Binsenweisheit. Und: Unpopuläre Maßnahmen bedürfen vorsichtigster Inszenierung. So lautet die zweite Volksweisheit aus dem Handbuch der Politik. Da sollte es nicht überraschen, dass aus den Koalitionsversuchsrunden so gar nichts Greifbares nach außen dringen will. Verwunderung macht sich dennoch breit. Denn nach ausgeklügelter Narkosetaktik vor dem chirurgischen Sparschnitt sieht es nicht aus, was aus den Verhandlungsrunden nach außen dringt. Da sitzen die Vertreter der seit Monaten vom Regieren und Sanieren schwadronierenden rot-gelb-grünen Parteien beisammen und erwecken den Eindruck, als sei man vor lauter ernsten Absichten noch gar nicht dazu gekommen, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, was eigentlich zu tun ist.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Da springen die Sparsummen innerhalb von wenigen Tagen von einer auf zweieinhalb Milliarden Mark, dass es „quietscht“. Da provoziert ein Allround-Liberaler mit dem Ruf nach Provokation. Und der Forderung nach einer Stunde Mehrarbeit für Lehrer. Sind dies die Vorboten des „Neuanfangs“? Oder ist es gar die eigentlich zu erwartende Betäubungsstrategie, bevor es zur Notoperation am maroden System Berlin kommt?

Verunsichert scheinen selbst die Gewerkschaften. Obwohl sie Klaus Wowereit bereits ihre Unterstützung zugesagt hatten, vermissen auch sie ein klares Konzept. Dass die Interessenvertreter der Angestellten ein Einsehen in die desolate Lage Berlins und in die damit verknüpfte Notwendigkeit des Stellenabbaus haben, sollte die Politik nicht dazu verleiten, kurzatmige Sparmaßnahmen zu fabrizieren. Noch reagieren die Gewerkschaften zahm. Zwar wollen sie pflichtschuldigst gegen die Rotstiftpolitik demonstrieren. Aber doch erst nachdem sich die zukünftige Koalition am 26. November gebildet haben wird. Haben die Gewerkschaften am Ende selbst keine genauen Vorstellungen, wie zu sparen ist?

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