sound der stadt: Bitte einmal kräftig pusten
Diese Woche geraten Blech und etwas Holz kräftig in Schwingung, aber auch eine ganze Reihe Metallröhren und Stahlsaiten

Dass eine Kirche sich mit Fragen von Zeit und Ewigkeit beschäftigt, gehört eigentlich zum Standardprogramm eines Gotteshauses. Dass dazu eigens eine Installation ins Kirchenschiff gebaut wird, gehört hingegen eher zu den Ausnahmen. „Godspeed in 4/4 Time“ nennt sich die Arbeit des Künstlers und Komponisten William Engelen in der Matthäus-Kirche, die aus 366 metallenen Klangröhren besteht. Jede steht für einen Tag des Jahres, wobei anscheinend Schaltjahre als Grundlage dienten. Auf diesen ringsum in der Kirche verteilten Röhren können Besucher ebenso spielen wie ausdrücklich zu diesem Zweck beauftragte Musiker. Am Dienstag ist dies die Perkussionistin Robyn Schulkowsky, die zusammen mit dem mikrotonal gestimmten Blechbläsertrio Zinc & Copper den Raum mit langen Tönen zum Resonieren bringt. In diesem Fall lässt sich bedenkenlos von positive vibrations sprechen. Dafür garantieren allein schon Elena Kakaliagou am Waldhorn, Hilary Jeffery an Posaune und Trompete und Robin Hayward mit seiner mikrotonalen Tuba (Matthäus-Kirche, 19. 8., 20 Uhr, Eintritt frei).
Ein weiteres Bläsertrio gibt es am Mittwoch im Café Plume zu erleben. Rechtzeitiges Erscheinen empfiehlt sich, denn die Sache beginnt um 18 Uhr. „The S Trio“ nennt der Saxofonist und Turntablist Ignaz Schick sein gemeinsames Projekt mit den Kollegen Chris Heenan und Peter Van Huffel. Das Ungewöhnliche dabei ist nicht bloß, dass man dreimal „S“, sprich Saxofon, erwarten darf und sonst nichts weiter, alle drei spielen zudem dieselbe Instrumentengröße, nämlich Altsaxofon. Was freidrehende Reibungen ganz besonders obertonreicher Art ergeben könnte (Café Plume, 20. 8., 18 Uhr, Spende: 5-25 €).
Freitag schließlich lädt noch das Sowieso zu einem Triokonzert, ausnahmsweise in einer klassischen Jazzbesetzung. Unter dem schlichten Namen Kaufmann-Hilbig-Martínez geben sich der Pianist Achim Kaufmann, die Kontrabassistin Maike Hilbig und die Schlagzeugerin Lucía Martínez die Ehre. Sie alle bewegen sich seit Längerem im so lebendigen wie freien Berliner Avantgardejazzkosmos. Abenteuer- und Entdeckungslust bedeuten bei ihnen jedoch nicht, dass man als Publikum deshalb Angst haben müsste – man hört ja, dass Leute immer wieder auf Begriffe wie „Free Jazz“ mit Entsetzen reagieren. Hier könnte man angenehm überrascht werden (Sowieso, 22. 8., 20 Uhr).
Tim Caspar Boehme
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