sonntaz-Streit: Ist die Maut antieuropäisch?
Der fahrbare Untersatz ist des Deutschen liebstes Kind. Ein Glück also, dass die geplante PKW-Maut nur ausländische Autofahrer belasten soll?
Schnell, zügig, unkompliziert: Das Fahren auf der Autobahn ist für viele Deutsche der Inbegriff von Freiheit. Ob in den Urlaub, zur Arbeit oder zum Einkaufen in die nächste Stadt - die Deutschen lieben die Autobahn, die in kaum einem anderen Land so dicht vernetzt ist.
Die sogenannte „Infrastrukturabgabe“ werde „keinen deutschen Autofahrer zusätzlich belasten“, verspricht Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Damit das Volk nicht meckert, sieht der Plan der CSU nämlich vor, die Kfz-Steuer zu senken.
Wer zahlt, sind Ausländer, die deutsche Straßen benutzen möchten. Zu Recht, sagen die Befürworter der Maut. Wer die Straße nutzt, soll auch bezahlen. 2,5 Milliarden Euro sollen laut Dobrindt innerhalb von vier Jahren eingenommen werden.
Kritiker sehen die Maut als Gefahr für die europäische Freundschaft. Die „Ausländer-Maut“ bittet nur die Nachbarn zur Kasse und verschont die eigenen Einwohner. Im Koalitionsvetrag der Union und der SPD heißt es, dass man einen „angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw“ einfordern werde. Das sei Diskriminierung und könnte in Brüssel Ärger geben. Andererseits haben schon einige Länder vor den Deutschen die Maut erfolgreich eingeführt. Darunter Polen, Frankreich und Österreich.
Die Niederlande und Österreich drohten im vergangenen November bereits damit, im Falle einer Einführung der Maut gegen Deutschland zu klagen. „Dies wäre ein Verstoß gegen geltendes EU-Recht, der von Österreich mit Vehemenz bekämpft werden würde“, hieß es in einer Stellungnahme von Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ).
Auch die Grünen sprachen sich bereits klar gegen das deutsche Maut-Modell aus. „Wir sollten stattdessen die Lkw-Maut zu einer Logistik-Abgabe für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auch auf Bundesstraßen ausweiten. Denn die Lkw verursachen die Schlaglöcher und nicht die ausländischen Autofahrer“, sagte Grünen-Vorsitzende Simone Peters gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Der EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) ist dagegen überzeugt: „Wir brauchen mehr Geld für die europäische Straßeninfrastruktur, für den Erhalt, Ausbau und Neubau von Straßen.“ Nun gehe es darum zu prüfen, „ob und wie sie diskriminierungsfrei ausgestaltet werden kann“.
Wir fragen uns: Ist die deutsche Maut antieuropäisch? Was bedeutet die PKW-Maut in Deutschland, mitten in Europa? Hat sie einen ausländerfeindlichen Beigeschmack? Oder ist sie für die Instandhaltung der deutschen Fernstrecken unbedingt nötig? Diskutieren Sie mit!
Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der taz.am wochenende vom 12./13. Juli 2014. Ihr Statement sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto, einer kurzen Info zu Ihrer Person und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de.
Leser*innenkommentare
Jim Bob
Das mit der Maut ist doch vollkommener Unsinn! Der größte Teil der Mauteinnahmen dürfte wohl in der Bürokratie untergehen. Viel einfacher wäre doch ein Straßenbeitrag von 10 Cent pro Liter Sprit. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 67 Mrd Liter Treibstoff verbraucht. Das wären Steuereinnahmen von 6,7 Mrd Euro, ganz ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Würde man zeitgleich die Kfz-Steuer anpassen, würde es für den normalen PKW Nutzer keine Zusatzkosten bedeuten. Vielfahrer hingegen würden nach dem Verursacherprinzip stärker belastet. Berufspendler könnte man über eine Anpassung der Kilometerpauschale entlasten. So einfach könnte das gehen!
uli moll
kurz gesagt: Nein. Das Ding ist sinnfrei und populistisch und doof, aber das alles trifft nicht Europa, nur die Autofahrer. Und die CSU, die wird jetzt vom ADAC runtergestuft im Ranking
Rainer B.
"Ist die Maut antieuropäisch?"
Ganz im Gegenteil! Die Maut eröffnet allen Mitgliedsländern doch ebenfalls neue, ungeahnte Möglichkeiten der Wegelagerei.
Jetzt muss nur noch die Monarchie auch offiziell wieder eingeführt werden, dann klappt's auch richtig gut mit den bayrischen Nachbarn.
keulix
@Rainer B. Genau, "bayrische Nachbarn" trifft den Nagel auf den Kopf ... sollen sie sich doch von der Bundesrepublik trennen. Dann sind wir sie endlich los und die Mautpläne können sie gleich mitnehmen :-)
Walter Gleichmann
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will sein Vorhaben einer Infrastrukturabgabe durchsetzen, die nicht nur für Autobahnen, sondern auch Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen gilt! (Kein deutscher Autofahrer wird mehr belastet, da muss ich mal lachen)
Vernünftig wäre es, erst einmal das Geld einzusetzen, das speziell von Autofahrern kassiert wird. Von den 53 Milliarden Euro, die jährlich über Kfz.- und Mineralölsteuer eingenommen werden, landen nur ein Bruchteil da, wo sie eigentlich hingehören. Nun wird noch zusätzlich ein neues Fass aufgemacht!