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schlossplatzForm follows function

Dass Zahlen und Figuren zur Ernüchterung beitragen, ist eine bekannte Weise. Wie eine kalte Dusche haben diese jetzt auch die Schlossfans erwischt, die seit Jahren Steinchen und Plänchen des gesprengten Schlüterbaus sammeln und in Wiederaufbauträumen delirieren. Denn das Schloss ist zu klein für die zukünftigen Pläne der Nutzer, sagen die Zahlen. Das Ding würde aus allen Nähten platzen. Und da gibt es noch die Figur des Palastes, der dem Schloss im Wege steht und der jetzt als Bühne für Theater und Oper genutzt werden soll.

Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Rausch vom Schloss hat ein Ende auch darum, weil keiner der zukünftigen Nutzer vom Standort in der Mitte weichen wird. Im Gegenteil. Für die von Kulturstaatssekretär Nida-Rümelin nobilitierte Agora, das „Humboldt-Forum“, werden die Kulturinstitutionen mit immer klareren Raumvorstellungen und Flächenbegehrlichkeiten aufwarten, dass nichts mehr bleibt vom barocken Ambiente. Ist dieses doch nicht nur zu klein, sondern auch unfunktional für die Interessen der Museumsmacher und deren Besucher, für der Bibliotheksbestände und deren Nutzer.

Die Schlossplatzkommission hat zwar spät, aber doch noch zur rechten Zeit die Weichen für die Zukunft des Ortes gestellt. Die nüchternen Zahlen, die für das Kultur- und Wissenschaftsunternehmen auf dem Tisch liegen, werden auch jene überzeugen, die bisher den Wiederaufbau des Schlosses für finanzierbar hielten. Mit barocken Fassaden und Räumen lässt sich das nicht bauen und schon gar nicht bezahlen. Mit einer Architektur, die sich dem Motto „Form follows function“ verpflichtet, schon.

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